Jürgen Schadnik

Die Ganczarski

Drei Familien aus dem Kreis Rybnik

in Oberschlesien

(Stand: August 2009)


Inhalt

I. Vorwort
II. Die Lisseker Ganczarski
III. Die Ganczarski aus Loslau
IV. Maximilian Ganczarski
V. Die Ganzarski aus Lukow
VI. Die galizischen Ganczarski
VII. Literatur-Nachweise


Vorwort

Mit dieser kleinen Arbeit habe ich versucht, die wichtigsten der von mir in den vergangenen Jahren gesammelten Daten, Fakten und Informationen über die drei ehemals im Kreis Rybnik ansässigen Ganczarski-Familien zu einer kurzen Familiengeschichte zusammenzufassen. Ihr liegen die Ergebnisse von Nachforschungen zugrunde, die ich schon in den sechziger Jahren begonnen habe. Ausgehend von noch vagen Andeutungen meines Großvaters Karl Beck über Familie und Verwandtschaft seines Urgroßvaters Joseph Ganczarsky, beschaffte ich mir in den siebziger Jahren erste standesamtliche Urkunden über das Konsulat der damaligen Volksrepublik Polen.

Als später die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ihre Genealogischen Forschungsstellen auch Nichtmitgliedern zugänglich machte, ergriff ich die Gelegenheit, nach und nach die Kirchenbücher der zuständigen Pfarrgemeinden zu durchforsten, soweit sie als Mikroverfilmungen erhalten geblieben waren. In jüngster Zeit kamen Kontakte mit Ganczarski -Namensträgern und -Verwandten hinzu, die weitere wichtige Erkenntnisse über die einzelnen Linien erbrachten. Durch Reisen in den Kreis Rybnik und den Besuch der Herkunftsorte konnte ich das so nach und nach entstandene Bild weiter abrunden.

Ich weiß, dass diese Zusammenstellung immer noch sehr lückenhaft ist und manchmal allzu tabellarisch ausfällt. Dennoch gibt sie einen ersten Überblick über die Familien, über Verwandtschaftsbeziehungen und den Verlauf mancher Nachkommenlinie, wie er wahrscheinlich auch den älteren Mitgliedern der einzelnen Familien nicht mehr in diesem Umfang bewusst ist. Ich wünsche mir, dass sie auch zur Motivation aller derjenigen beiträgt, die noch mit Hinweisen, Informationen und Dokumenten zur Vervollständigung dieser Arbeit beitragen können. Jedes Detail, jedes Dokument, jedes aussagekräftige Foto ist mir nach wie vor jederzeit willkommen und wird in künftige Aktualisierungen dieser Darstellung einfließen.

In diesem Zusammenhang habe ich bereits Henryk Postawka, einem jungen schlesischen Heimatgeschichtler polnischer Muttersprache zu danken, der mir eine Kopie der in keiner Bibliothek mehr vorhandenen Abhandlung Rudolf Müntzbergs über die Polednik´sche Stiftung aus dem Jahr 1898 und andere schwer zugängliche Dokumente zur Verfügung stellte. Der Aufmerksamkeit des in Lyski wohnenden polnischen Genealogen Szymon Apacki ist zu verdanken, dass mit Hilfe eines aufgefundenen Ehedispenses die gemeinsame Abstammung der Lisseker und Loslauer Ganczarski-Familien nachgewiesen werden konnte. Weitere wichtige Unterlagen, Hinweise und Anmerkungen erhielt ich von Anja Ziegelmeier, †Norbert Wyputa und Werner Piekarek (Sozialwerk St. Georg), Dr. med. Margarete Beyer, Barbara Rein, Maximilian Ganczarski, Stefan Huberts, Wilfried und Reinhard Skupnik und anderen an der Familiengeschichte der Ganczarski, Polednik und Beck/Sikora interessierten Personen.

Im August 2009 lernte ich meinen im Kreis Göttingen ansässigen weitläufigen Verwandten Heinz Piecha kennen, der im Besitz von genealogischen Aufzeichnungen unseres gemeinsamen Altvaters bzw. Altgroßvaters Joseph Ganczarski ist, die sich im Nachlass seiner Mutter Elfriede Piecha, geb. von Ganczarsky, befanden. Wir gewannen aus den Dokumenten eine Reihe neuer Erkenntnisse, die ich teilweise schon in diese Darstellung habe einarbeiten können. Heinz Piecha arbeitet zur Zeit an einer ausführlichen Darstellung des Hindenburger Familienzweigs.

Die Lisseker Ganczarski

Bisher ist es mir nicht gelungen, irgendeinen Namensträger Ganczarski für die Zeit vor 1780 anhand gesicherter Daten nachzuweisen. Dafür fand ich in älteren Kirchenbüchern von Groß-Rauden (Kreis Rybnik) vereinzelt den Familiennamen Ganczarczik (in dieser und ähnlicher Schreibweise). Dieser Spur bin ich bisher noch nicht intensiv nachgegangen.Von dem in England lebenden Forscherkollegen Clive Ganczarski weiß ich aber, dass seine bis zum Ende des zweiten Weltkriegs in Zakopane ansässigen Vorfahren ihre Herkunft nachweislich auf den 1782 geborenen Ahnherrn Mathaeus Ganczarczyk zurückführen können. Unter Kennern polnischer Familiennamen ist unumstritten, dass es zum Ende des 18. Jahrhunderts bei den polnischen Familiennamen eine Modewelle in der Form gab, das u.a. Namen mit der Endung "-czyk", "-cyk" und ähnlich gerne in Namen mit der Endung "-ski" umgewandelt wurden, um ihnen den Ruch des Noblen zu geben. Namensendungen mit "-ski" waren bis dahin vorwiegend bei Angehörigen des Adels anzutreffen. Es wäre denkbar, dass auch meine Vorfahren die Möglichkeit wahrnahmen, um bei der Gelegenheit von Eintragungen in Personenstandsdokumente auf diese Weise ihr gesellschaftliches Ansehen aufzuwerten. Selbst wenn sie nicht aus Polen stammten, lebten sie in schlesischen Regionen mit überwiegend polnischsprachiger Bevölkerung. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass sich Joseph Ganczarsky als ältester urkundlich nachweisbarer Vorfahr mit "-y" schrieb und Dokumente in dieser Namensform unterzeichnete, wohingegen amtliche Urkunden gleichzeitig fast ausschließlich die Endung "-i" verwendeten. Die Namensendung "-y" war und ist in der polnischen Sprache nicht üblich. Es bleibt somit Raum für Spekulationen, die in außerpolnische oder jedenfalls nicht polnischsprachige Regionen weisen. Neueste Erkenntnisse deuten inzwischen auf eine Herkunft aus Österreich-Galizien. Es sei hinzugefügt, dass Josephs Nachfahren mit Ausnahme seines Enkels Hugo die Schreibweise mit "-i" bevorzugten, während sich bei den Loslauern die y-Endung häufiger findet. Aus all diesen Gründen ist die Schreibweise des Familiennamens, manchmal für ein und dieselbe Person, auch in dieser Darstellung nicht immer einheitlich.

In den verfilmt vorliegenden, leider erst im Jahre 1828 beginnenden katholischen Kirchenbüchern des Ortes Lissek im Kreis Rybnik ist der Gutsbesitzer Joseph Ganczarsky als ältester nachweisbarer Vorfahr dokumentiert. Da das Kirchenbuch sein Alter in der Todeseintragung vom 11.5.1848 mit 72 1 /2 Jahre angibt, dürfte er im Jahre 1775 geboren sein. Eine (über das Katholische Kirchenbuchamt in München weitergeleitete) Anfrage beim Erzbischöflichen Archiv in Kattowice (Archiwum Archidiecezjalne w Katowicach) erbrachte im November 1999 die überraschende Auskunft, dass "Herr Jozef Ganczarski als Förster in Lyski tätig und Sohn von Johann Ganczarski in Lukow war. Johann Ganczarski war Bezirksförster, und der öftere beruflich bedingte Ortswechsel deutet darauf hin, dass seine Kinder in verschiedenen Orten geboren werden konnten." Im übrigen sei u.a. festgestellt worden, dass Joseph Ganczarski nicht in Lissek geboren sei. Dieser Hinweis auf den Bezirksförster Johann Ganczarski muss noch überprüft und mit den im Kattowitzer Archiv vorliegenden Dokumenten belegt werden.

Im Januar 2009 übersandte mir der in Lyski wohnende Genealoge Szymon Apacki eine Kopie des (von dem Heimatforscher Jan Magiera aufgefundenen) Ehedispenses, das der Lisseker Pfarrer im Jahre 1882 anlässlich der Heirat des Wilhelm Ganczarsky aus Loslau und der Maria Ganczarski aus Lissek erstellt hatte. Aus der detaillierten Abstammungsliste geht eindeutig hervor, dass die blutsverwandten Eheleute mit "Joannes Ganczarski et Marianna Kaliwoda" gemeinsame Urgroßeltern besaßen. Aus der Nachkommenschaft von zweien ihrer Söhne, nämlich des "Antonii Ganczarski viri Evae Opolski" und des "Josephi Ganczarski viri Mariae Vorreiter" leite sich die jeweilige Abstammung der Eheleute her.

Mit diesem Dokument liegt erstmals der zweifelsfreie Nachweis der gemeinsamen genealogischen Herkunft der Lisseker und der Loslauer Ganczarski vor, der Bezirksförster Johannes Ganczarski und seine Ehefrau Marianna Kaliwoda sind daher als die ältesten bekannten Vorfahren beider Linien anzusehen. Das Geburtsdatum des Johannes Ganczarski dürfte um 1750 anzusetzen sein.

Nach den mir im August 2009 bekanntgewordenen, leider nicht mehr im Original, sondern als Schreibmaschinenabschrift vorliegenden Aufzeichnungen meines Altgroßvaters Joseph Ganczarski aus dem Jahre 1863 soll Johann Ganczarski zunächst in Österreich-Galizien als Forstadministrator in Diensten des Baron Stillfried gestanden haben, danach aus einem Dorf namens Kraczienetz in das oberschlesische Belk gezogen sein, wo er als Forstverwalter der dortigen Herrschaft tätig war, und dann in Lukow wieder unter Baron Stillfried Forstdienste aufgenommen haben. In Lukow soll er bis zu seinem Tode verblieben sein.

In denselben Aufzeichnungen heißt es weiter: "Dieser p: Johann Ganczarsky erzeugte unter anderem auch meinen Vater, den Joseph -Otto- Ganczarsky, der erstlich schon in Österreich als Leibjäger bei dem Baron Stillfried war, dann später in Lissek unter demselben p: Stillfried und auch als Landwirtschaftlicher Waldbereyter fungierte, außerdem war er Freygutsbesitzer und einer der ersten hier in der Umgegend gewesenen Holzkaufmänner, bis zu seinem Ableben."

Nach Musiol (S. 24) war Joseph Ganczarsky bereits 1790 Förster in Rauden (oder ist sein Vater Johann gemeint?), Dokumenten aus dem Lisseker Pfarrarchiv ist zu entnehmen, dass er seit 1792 in Lissek ansässig war, Glatzel (S. 37 f) erwähnt ihn für 1820 als "Freigutsbesitzer". Die Lisseker Kirchenbücher bezeichnen ihn ebenfalls oft als Freigutsbesitzer, darüberhinaus auch als "Waldbereiter" und "Holzmagazineur". Es darf vermutet werden, dass er die ausgedehnten Wälder der Umgebung zur Erzeugung von Grubenholz bzw. zur Herstellung von Holzkohle für die damals florierenden Kohlenbergwerke und Hüttenwerke Oberschlesiens, die sich teilweise nur wenige Kilometer von Lissek entfernt befanden, ausbeutete. "Joseph Ganczarski", so Müntzberg (S. 13), "war Besitzer des Freigutes Nr. 31 Lissek, welches noch heut den Namen Ganczarski´sche Besitzung führt. Diese Besitzung erwarb Joseph Ganczarski am 16. August 1814 vom Dominium Lissek, Frau Baroneß Eva von Stillfried geb. von Tluck, zum Preis von 300 Thalern. Von dem späteren Besitzer des Rittergutes Lissek, Emanuel von Adlersfeld, kaufte derselbe am 4. Januar 1825 für den Preis von 1269 Thalern 7 Silbergroschen, 69 Morgen 111 Quadratruthen."

Während von Joseph immerhin das Sterbedatum bekannt ist, kennen wir von seiner ersten Ehefrau mit Sicherheit nur das Sterbejahr und den Familiennamen, der sowohl in der Schreibweise Vor(r)eiter wie auch Forreyter erscheint, als Vorname wird in den Urkunden sowohl Maria wie auch Marianna genannt. Musiol erwähnt sie in seiner Lissek-Monografie (S. 20) als Maria z domu Vorreiter.

Im Umkreis von 20 km um Lissek herum habe ich bisher zwei Orte gefunden, in denen mindestens seit dem 17. Jahrhundert Familien mit dem Namen Forreyter (in wechselnden Schreibweisen) bis ins 19. Jahrhundert hinein ansässig waren: Kieferstädtel bei Gleiwitz und das zum Kirchspiel Kamienietz bei Peiskretscham gehörende Dorf Lubek. In den zur Pfarre Groß Rauden gehörenden Dörfern Stodol und Stanitz ist zwar auch seit dem 17. Jahrhundert eine Forreyter-Familie mit zahlreichen Nachkommen nachweisbar, jedoch nicht mehr in der hier wichtigen zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Allerdings wird im Groß Raudener Kirchenbuch als Mutter des 1789 in Stanitz geborenen (und über Joseph Polednik mit Ganczarsky verschwägerten) Simon Banik die Agnetha geb. Forraytherin genannt
Nur im Lubeker Kirchenbuch ist ein Taufeintrag zu finden, der sich auf meine Vorfahrin beziehen könnte. Danach wird am 1. November 1766 ein "dem Scholzen Simon Forayter von seinem Weibe Marianna Cyganionkin am 31. Octobris ... abends um 7 Uhr geborenes Mägdlein zur Hl. Taufe gebracht und demselben der Name Marianna beigelegt". Taufpaten sind Anna Oleschkin, Schmiedin, und Johann Piela, Waldheger, beide aus dem Dorf Kamienietz. Sollte es sich hierbei tatsächlich um meine Vorfahrin handeln, wäre Marianna demnach neun Jahre älter als ihr Mann Joseph Ganczarski und zur Zeit ihrer Heirat, die spätestens im Jahre 1799 erfolgt sein dürfte, 33 Jahre alt, Joseph dagegen erst 24.

Nach den mir erst im August 2009 bekanntgewordenen Aufzeichnungen meines Altgroßvaters Joseph Ganczarski war seine Mutter Maria Vorreiter "eine Gastwirtstochter aus Pschoff", gemeint ist sicher der Lissek nahegelegene Marien-Wallfahrtsort Pschow.

Am 7.6.1800 [KB 1800/47] wird in Lissek als erstes Kind Ernestine Eva geboren, am 19.10.1803 [KB 1803/95] mein Altgroßvater Joseph, als weiterer Sohn Moritz, am 17.7.1813 [KB 1813/44] Johann und schließlich Julius, von dem ich nur weiß, dass er Reichsgräflich von Stolberg´scher Hofjäger zu Ludwigwunsch bei Pless wurde. Zu Moritz, der möglicherweise ein Zwillingsbruder Josephs war, notiert Müntzberg: "blödsinnig, blieb in väterlicher Pflege und starb am 17. April 1881 in der Lissek´er Anstalt".

Maria(nna) Vor(r)eiter starb im Jahre 1822 [Müntzberg S. 12]. Zweite Frau Ganczarskys wurde, wohl im Jahre 1824, Francisca Glatzel, eine der vier Töchter des Arrendators George Friedrich Glatzel und seiner Frau Caroline Bräuer. Franciscas Bruder, der Leobschützer Kreisgerichtsrat Alois Glatzel führte übrigens nach dem Tode Ganczarskys im Jahre 1848 die Vormundschaft über die minderjährigen Kinder bis zum Jahre 1853 [Glatzel S. 38]. Über das Leben Glatzels, seine Familie, seine aus Kasimir stammenden Vorfahren und seine vielköpfige und weitverzweigte Verwandtschaft gibt eine im Jahre 1919 von Ludwig Glatzel zusammengestellte Chronik der Familie Glatzel erschöpfende Auskunft.

George Friedrich Glatzel war im Sommer 1820 mit seiner Familie aus Piltsch nach Lissek ( wo er am 18.11.1827 starb) übergesiedelt und hatte die Bier- und Branntweinfabrikation der Güter Lissek, Neudorff, Dzymierz, Zytten und Lukow nebst dazugehöriger Gastwirtschaft, Schank-, Schlacht- und Backrechte für drei Jahre gepachtet. Wahrscheinlich war er, so vermutet Glatzel (S. 37), "von seinem Schwager, Freigutsbesitzer Ganczarsky, auf die günstige Erwerbsgelegenheit aufmerksam gemacht worden".

Aus der Ehe Josephs mit Francisca Glatzel sind neun Kinder bekannt:
1. August; stirbt in Lissek am 30.9.1837 [KB 1837/80] im Alter von 12 Jahren, ist mithin im Jahre 1825 geboren
2. Helena, * Lissek 23.5.1825, † Nikolai, Kr. Pless 21.4.1898, ∞ Nikolai 21.4.1848 Carl Eisenecker
3. Marie, * Lissek 24.2.1827, ∞ Lehrer Vogt
4. Wilhelm Maximilian, * Lissek 19.5.1829 [KB 1829/46]; Taufpaten: Johann Wystyrk, Rosalia Beck, † Lissek 17.9.1830 [ KB 1830/87]
5. Paul Lucian Caspar Melchior Balthasar, * Lissek 7.1.1831 [KB 1831/2]; Taufpaten: Johann Wystyrk, Rosalia verwit. Beck, † Lissek 12.7.1831 [KB1831/58]
6. Paulina Rosalia Francisca, * Lissek 2.9.1832 [KB 1832/72]; Taufp.: Johann Wystyrk, Rosalia Beck, † Kattowitz 28.11.1902, ∞ August Eisenecker
7. Carl, * Lissek 1.11.1835 [KB1835/12] Taufpaten: Johann Wystyrk, Rosalia Beck; † nach 1864
8. Anna Josepha Francisca, * Lissek 8.10.1837 [KB1837/20]; Taufp.: Herzogl. Förster Scharke aus Zwonowitz, Ernestine Polednik, Gutsbesitzerin, stirbt jung
9. Robert, * Lissek 24.3.1837, † Nikolai 23.6.1864

Ganczarsky brachte es als Gutsbesitzer und Holzmagazineur zu einem ansehnlichen Vermögen. Glatzel notiert:"Ganczarsky war sehr begütert, er streckte z.B. seinem Schwager Polednik einen Teil der Kaufsumme für den Kauf des Rittergutes Lissek vor; bei den niedrigen Grundstückspreisen nach den Freiheitskriegen hätte er mit etwas mehr Wagemut dieses Gut auch selbst erwerben können."

Der wohlhabende Gutsbesitzer war sich seiner sozialen Verpflichtung innerhalb der Dorfgemeinschaft bewusst. Das Lisseker Kirchenbuch nennt ihn nicht nur unzählige Male als Trauzeuge bei den Eheschließungen und als Pate bei den Kindstaufen der Einwohner, es sind auch Dokumente einer Stiftung überliefert, die er zusammen mit zwei Pfarrern zur Verbesserung der dörflichen Seelsorge eingerichtet hatte. In dem am 2. Februar 1826 von den Pfarrern aus Lissek und aus Ostrog bei Ratibor sowie von Ganczarsky unterzeichneten Gründungsdokument der "Capellan-Fundation" heißt es wörtlich:

Durch die immermehr zunehmende Bevölkerung in vielen oberschlesischen Parochien wird die Vermehrung des geistlichen Personals eines der höchsten Bedürfnisse und aus der Nichtbeachtung dieses Umstandes dürften nach Jahren traurige Folgen, sowohl für die Religion, als die Sitten hervorgehen.

Da dieses Bedürfnis auch in der Lisseker Parochie von Jahr zu Jahr fühlbarer wird, und bereits bei dem begrenzten Raum der Kirche hierselbst kaum die Hälfte der Parochianen in derselben Platz findet, - wenn nur ein einfacher Gottesdienst an Sonn= und Feiertagen zu halten wird; so haben wir Endgenannten uns entschlossen, einen kleinen Anfang zur Unterhaltung eines Hilfs-Priesters in Lissek zu deponieren.

In dieser Absicht überreichen wir hiermit der Fundations=Kasse bei der Pfarrkirche in Lissek zu diesem Behuf 750 rTH, mit Worten Sieben Hundert Fünfzig Reichsthaler, nämlich

Pfarrer Andreas Bensch in Lissek 500 rTH
Pfarrer Andreas Kubiczek in Ostrog 150 rTH
Waldbesitzer Joseph Ganczarsky 100 rTH
-------------------------------------
Summa wie oben 750 rTH


in schlesischen Pfandbriefen zu einer immerwährenden Capellan-Fundation..."

Das fürstbischöfliche Generalvikariat bestätigte mit Datum vom 28. April 1826:

Nachdem nun diese Fundation von der Königl. Landes Behörde unterm 29 ten März als rechtsgültig erklärt wurde; so wird dieselbe hiermit und kraft dieses ... zur immerwährenden Giltigkeit confirmirt und bestätigt. Urkundlich unter dem Fürst Bischöflichen General Vicariat Amts Insiegel und den gewöhnlich Unterzeichneten..."

Ganz am Rande sei angemerkt, dass die besagte äußerst beengte Schrotholzkirche aus dem späten 17. Jahrhundert, die erst 1906 durch einen neugotischen Backsteinbau ersetzt wurde, mit dem jugendlichen Joseph von Eichendorff wohl ihren berühmtesten Kirchgänger gesehen hat. Wenn die Familie von Eichendorff sich in ihrem Jagdschlösschen Summina aufhielt, so erfahren wir aus den Jugendtagebüchern Eichendorffs, entschloss sie sich bisweilen auch zu einem Besuch des unmittelbar benachbarten Dorfs Lisseks. Zweimal, 1806 und 1810, fungierte der spätere große Dichter der Romantik dort sogar als Taufpate.

Bei seinem Tode am 8.5.1848 hinterließ Ganczarsky neben einem Barvermögen von 1165 Talern ein umfangreiches Testament, das er vier Jahre zuvor, am 11. Juni 1844, verfasst hatte und das einen Monat nach seinem Tod, am 8. Juni 1848, eröffnet wurde. Daß es teilweise in Abschrift erhalten geblieben ist, verdanken wir der Tatsache, daß er im Paragraphen 3 des Testaments Zuwendungen an die Lisseker Kirche verfügt hatte. Zur Sicherung dieser Einnahmequelle hatte der damalige Pfarrer Bierniasch im August 1848 den Paragraphen handschriftlich kopiert und wenig später sogar erreicht, daß mit Zustimmung der Erben die Tarife für das Lesen der Seelenmessen für Ganczarsky und seine zu dem Zeitpunkt noch lebende zweite Ehefrau Francisca Glatzel durch eine Testamentsänderung zu Gunsten der Lisseker Kirche aufgestockt wurden.

So wissen wir, daß Ganczarsky der Lisseker Kirche insgesamt 411 Taler und fünf Silbergroschen vermachte, darunter ein Legat von 100 Talern, deren Zinsen für die Kosten der alljährlichen Prozession nach Pschow, die von der Bleicherin Rosalia Beck gestiftet worden war, verwendet werden sollten, und 200 Taler für einen Hospital-Fond, der ebenfalls von Rosalia Beck begründet worden war und der den Grundstock für den zukünftigen Bau eines Krankenhauses in Lissek bilden sollte.

Über die Erben seines Freigutes und des übrigen Vermögens erfahren wir aus der Abschrift nichts, weil die diesbetreffenden Verfügungen wohl in den beiden ersten Paragraphen formuliert waren. Von Müntzberg wissen wir aber, dass Ganczarsky seinen jüngsten Sohn, den 11jährigen Robert, zum Alleinerben eingesetzt hatte.

Die in Breslau am 14.2.1850 durch das Fürstbischöfliche Generalvikariatsamt beurkundete Konfirmation (Ad.Nr. 1189 a) hat folgenden Wortlaut: "Es wird hiermit bekundet, daß der zu Lissek verstorbene Freigutsbesitzer Joseph Ganczarski in seinem am 11ten Juni 1844 errichteten und am 8 ten Juni 1848 publizierten Testamente bei der katholischen Kirche zu Lissek eine Anniversarien= und Prozessionsfundation mit einem Kapitale von Zweihundert Thalern, sowie bei der sogenannten Pfarr=Fundation=Kasse zu Lissek eine Hospital=Fundation mit einem gleichen Kapitale von Zweihundert Thalern errichtet. Nachdem wir nun gegen diese beiden vorgedachten Stiftungen Nichts zu er...(?) gefunden haben , so werden dieselben hierdurch und kraft dieses nach dem ganzen Inhalte der in dem in beglaubigter extractiver Abschrift beigehefteten oben gedachten Testament enthaltenen diesfallsigen Bestimmungen unter Berücksichtigung der nachträglichen Modifikation des § 3 Nr. 3. b, welche in der gleichfalls beigehefteten Erklärung des Testaments-Exekutor's königlichen Amts=Anwaltes Aloys Joseph Glatzel, d.d. Leobschütz, den 28 ten Dezember1849 enthalten ist, zu immerwährender Giltigkeit von uns angenommen und konfirmiert."

Ganczarskys Tochter Ernestine Eva aus der Ehe mit Maria V o r r e i t e r heiratete am 18.5.1819 den 20jährigen Joseph Joachim Benedikt Polednik aus Groß Rauden, der einen Monat zuvor von dem Fürstlich zu Sayn-Wittgensteinschen Justiz-Amt in Rauden für volljährig erklärt worden war. Außer ihrer Ausstattung im Werte von 150 Talern erhielt Ernestine von den Eltern eine Mitgift von 500 Talern. Polednik ist am 20.3.1798 in Groß Rauden als Sohn des Müllers Valentin Polednik und seiner Frau Johanna Jarosch aus Klein Rauden geboren. In Groß Rauden besuchte Polednik das Gymnasium bis zur Sekunda und war ab 1812 gegen Kost und ein jährliches Fixum von 12 Talern Schreiber in der Königlichen Domäne in Rybnik.

Müntzberg (S. 11) führt weiter aus: Schon am 1. Juli 1813 erhielt Polednik bei dem Königl. Justiz=Amte in Rauden den Kanzlisten=Posten und nicht lange darauf wurde er wegen seines außerordentlichen Fleißes und seiner Brauchbarkeit mit Nebenämtern betraut, so daß er mit 17 Jahren bereits ein Einkommen von 600 Thalern erreichte..."

Ab 1821 war er (bis 1840) Justizsekretär auf den Gütern des Herzogs Viktor Amadeus zu Ratibor in Groß Rauden. Am 16. 7. 1832 erwarb er von dem (u.a. auch ihm) verschuldeten Grundherrn Emanuel von Adlersfeld das Rittergut Lissek-Neudorf zum Preis von 25.000 Taler, indem er Pfandbriefe im Wert von 14140 Taler übernahm und somit nur noch ein Kaufgeld von 9860 Talern zu zahlen hatte. Sein Schwiegervater Joseph Ganczarsky lieh ihm für den Kauf die Summe von 7.000 Taler zu einem Zinssatz von 4 %.

Im Jahre 1840 zog Polednik mit seiner Familie von Groß Rauden nach Lissek, wo er sich ganz der Bewirtschaftung seines Gutes widmete. J.G. Knie erwähnt "Just.=Sekret. Polednik" 1845 als gegenwärtigen Besitzer des Dorfes Lissek.

Am 8.1.1846 traf Polednik ein unerwarteter Schicksalsschlag: Sein Sohn und einziges Kind Eduard starb im Alter von fast 17 Jahren. Eduard war am 11.3.1829 in Groß-Rauden geboren und am 15.3. getauft worden (Taufpaten: Joseph Ganczarski und Ehefrau Francisca aus Lissek und Ernst Babel und Ehefrau Friederike, Amtmann in Knurow). Sein Tod war der Auslöser für einen völligen Wandel im Leben Poledniks und die Gründung der "Polednik´schen Stiftung".

Im Statut seiner Stiftung, das Polednik eigenhändig verfasste und mit Datum vom 19. März 1852 auf Schloss Sanssouci Kaiser Wilhem I. zur "landesherrlichen" Genehmigung vorlegen ließ, formuliert der Stifter ausführlich, welche Gründe ihn zu seinem radikalen Schritt veranlasst hatten. "Aus der Ehe, welche ich am 18. Mai 1819 mit der zu Lißek am 7. Juni 1800 den J o s e p h und M a r i e Ganczarski´schen Eheleuten geborenen Tochter E v a E r n e s t i n e geschlossen habe, entsproß bis jetzt nur ein einziges Kind, nämlich der am 11. März 1829 Nachmittag 3 Uhr in Groß Rauden geborene und am 15. ejusdem in der römisch-katholischen Pfarrkirche daselbst auf die Namen E d u a r d, J o s e p h, G r e g o r, E r n s t getaufte Knabe.

Dieser Knabe war von der Natur an Körper und Geist vorzüglich ausgestattet. Er wuchs fast zusehends, vervollkommnete sich in körperlicher und wissenschaftlicher Bildung und eignete sich eine solche sittliche Führung und Liebe zu seinen Mitmenschen an, die nur selten anzutreffen ist. Seine Eltern hat er nicht nur geliebt, aber verehrt. Daher wurde er nicht nur von seinen Lehrern, aber auch von Jedermann geliebt. Durch diese guten Eigenschaften erwarb er sich bei mir soviel Liebe, daß ich nicht nur für ihn lebte, ihm eine möglichst hohe wissenschaftliche Bildung geben lassen wollte und daß ich Alles aufbot, um ihm einstens hier auf dieser Welt eine angenehme Existenz zu sichern. Die Freuden die ich in meinem Alter an seinem Wohlergehen und an seiner liebevollen Begegnung haben zu können glaubte, sollten der Lohn für meine Mühen und Sorgen sein.

Allein diese Freuden wurden mir nicht zu Theil; denn mein geliebter Sohn erkrankte am 2. Januar 1846 in Folge Verkältung auf der Jagd - der nachzugehen ich ihm bei seiner hierortigen Anwesenheit zu Ferien liebevoll erlaubte - und starb ärztlicher Hülfe ungeachtet auf Gehirn-Entzündung am 8. ej. Nachmittags um 1 1/2 Uhr."

Im "Rybniker Kreisblatt" vom 17.Jan.1846 erschien unter der Rubrik "Privat-Nachrichten" folgender Nachruf:

Mein einziges Kind, der Ober-Tertianer E d u a r d P o l e d n i k, 16 Jahr 10 Monate alt, das ich über Alles Irdische liebte, das mich zu großen Hoffnungen und Freuden berechtigte und zu dessen Gunsten immer mein Streben war, ist mir heute in Folge Erkältung auf der Jagd an Gehirnentzündung gestorben. Diesen für mich unaussprechlichgroßen Verlust und Schmerz mache ich hierdurch bekannt um stille Theilnahme bittend. Lissek den 8. Januar 1846. Polednik, Kreisdeputierter x. x.

Obwohl das Kirchenbuch und andere Quellen eindeutig von einer Gehirnentzündung als Todesursache sprechen, haben sich im Dorf bis in die Nachkriegszeit hinein andere Versionen über die Ursache seines Todes erhalten, von denen ich hier eine wiedergeben möchte: In den Weihnachtsferien 1845 sei der als Schüler des Ratiborer Gymnasiums bei einem seiner Lehrer in der Stadt untergebrachte Tertianer nach Hause gekommen und habe die schönen Wintertage genutzt, um zusammen mit seinen Lisseker Altersgenossen zum Schlittenfahren zu gehen. Bei der Abfahrt von den zum Ufer des Flüßchens Summina abfallenden Hängen prallte er gegen einen Baum und stürzte besinnungslos zu Boden. Erschreckt liefen die Spielkameraden auseinander und ließen den Verunglückten im Schnee liegen. Erst nach einer Weile nahm einer der Jungen seinen ganzen Mut zusammen, ging zum "Schloß" des Rittergutes und überbrachte den Eltern die Schreckensnachricht. Sofort wurde eine Rettungsaktion eingeleitet, bei der Eduard geborgen und auf das Gut gebracht wurde. Die gegen den bald festgestellten Schädelbruch eingeleiteten ärztlichen Maßnahmen blieben aber erfolglos, so daß der Sohn schließlich in den ersten Januartagen des folgenden Jahres starb.

"Die Leiche wurde", wie Müntzberg berichtet, "von Tertianern, die sich in einer Anzahl von 29 an der Leichenfeier beteiligten, vom Schloß in Lissek nach der Pfarrkirche getragen. Die deutsche Rede hielt Religionslehrer Strauß, die polnische Erzpriester Bierniak. Nach der hl. Messe wurde die sterbliche Hülle dem Schooße der Erde übergeben". Ein Jahr später, am 8. Januar 1947, fand die Überführung der Gebeine in die mittlerweile fertiggestellte Gruftkapelle statt.

Noch am Beerdigungstag, dem 12. Januar 1846, teilte Polednik dem Lisseker Erzpriester in einem Schreiben mit: " Wenn mir auch der lebende Körper meines Sohnes entrissen worden ist, so kann mir doch die Liebe zu ihm nicht benommen werden. Zum Beweise dieser Liebe und um ein Andenken an meinen Sohn - den ich bestimmt hatte, hier einstens in Liebe, Frieden und in Wohlstand zu leben - hier zu stiften, habe ich beschlossen ein Hospital und eine Begräbniskapelle zu bauen."

Am 8. August übermittelte der Stifter diesen Entschluss auch der Königlichen Regierung und konkretisierte, dass das Hospital und Armenhaus für 25 Arme eingerichtet werden, aus einem mit Schiefer gedeckten zwei Etagen hohen Gebäude mit 12 Stuben für Arme, zwei Stuben nebst Küche und Gewölbe für den Aufseher, einen Betsaal, eine Krankenstube und einen Keller bestehen solle. In dem Hospital sollten arbeitsunfähige bei guter Lebensführung verarmte Menschen beiderlei Geschlechts von christlicher Religion, aber ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses Aufnahme finden.

Der erst im Jahre zuvor inthronisierte Breslauer Fürstbischof Heinrich Förster legte dem Stifter jedoch nahe, dass gerade die Erziehungsarbeit an jungen Menschen alle anderen Wohltätigkeitszwecke überrage. Daraufhin willigte der Stifter ein, dass der größte Teil des Armenhausgebäudes zu Erziehungszwecken zur Verfügung stehen sollte. Förster wandte sich danach an den Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens in Wien, Erzherzog Maximilian, worauf am 4.9.1854 die ersten Schwestern des Deutschen Ordens in Lissek eintrafen, um die notwendigen Vorbereitungen für den Lehrbetrieb zu treffen, der am 2.10.1854 mit dem Eintreffen der ersten 28 armen Kinder aufgenommen wurde.

Am 7. August 1855 besichtigte Erzherzog Maximilian in Begleitung des Landgrafen Fürstenberg, des Fürstbischofs Heinrich, des Herzogs von Ratibor und dessen Gemahlin die Anstalt persönlich.

Schon im Statut von 1852 hatte Polednik festgelegt, wie er künftig mit seinem Vermögen verfahren wollte: "Damit sowohl das von meinen Eltern ererbte resp. empfangene, als auch das durch mich sehr mühsam erworbene Vermögen durch Vererbung an lachende Erben mit der Zeit nicht verloren gehen, sondern sich vermehrend als Andenken an mich und meinen geliebten Sohn... resp. zur Linderung der Noth der verarmten Menschen und zur besseren Erziehung der Kinder dienen möchte, habe ich mich entschlossen, hier I. ein Armenhaus unter der Benennung: Das P o l e d n i k s c h e A r m e n h a u s zum heiligen J o s e p h! II. ein Armenhaus-R e n d a n t e n-D i e n s t-G e h ö f t e! III. eine Gruft resp. Begräbnißkapelle unter der Bezeichnung: P o l e d n i k´s c h e F a m i l i e n-B e g r ä b n i ß-K a p e l l e, zu errichten und IV. um diese Begräbnißkapelle resp. Gruft behufs Beerdigung der im Armenhaus verstorbenen Personen einen Begräbnißplatz einzurichten, resp. zu stiften."

In seinem 1864 erschienenen Topographischen Handbuch von Oberschlesien erwähnt Felix Triest für Lissek "folgende Stiftungen des jetzigen Grundherrn Polednik: 1) Eine Begräbniskapelle mit Altar und Gruft für den Stifter; 2) eine Mädchenerziehungs-Anstalt, im Jahre 1847 gegründet, jetzt gegen 80 Schülerinnen umfassend und von 2 Oberinnen geleitet, in zwei Etagen im gothischen Stil erbaut, und eine zu dieser Anstalt gehörende kleine Kirche nebst Turm, dem heiligen Joseph gewidmet und durch einen hierzu angestellten Priester versehen, mit einem massiv umschlossenen Begräbnisplatz. Diese Letztere ist bereits mit Grund und Boden dotirt und soll nach dem Tode des Stifters seine Erbin werden."

In den 1866 herausgegebenen "Statistischen Nachrichten über den Rybniker Kreis" für die Jahre 1862 bis 1864 werden im Kapitel 16 die Wohltätigkeitsanstalten des Kreises aufgeführt, unter ihnen, die
"Waisen- und weibliche Erziehungs=Anstalt zu Lissek; dieselbe ist eine Stiftung des jetzigen Besitzers von Lissek, Herrn Kreis=Deputierten J o s e p h  B e n e d i k t  P o l e d n i k; das Vermögen dieser Stiftung, welche ein bedeutendes Anstaltsgebäude nebst Kirche umfaßt, kann nicht angegeben werden, da Herr Polednik fortwährend bemüht ist, dasselbe noch zu vermehren, und die Absicht ausgesprochen hat, das Gut Lissek selbst der Anstalt zu testieren. Die Waisen=Anstalt, welche zwar zugleich Erziehungs=Anstalt für junge Mädchen der ärmeren Stände ist, aber damit stets den wohlthätigen Zweck der Unterstützung verbindet, wird durch deutsche Ordensschwestern geleitet."

Die Poledniksche Stiftung behielt in allen sozialen Aufgabenbereichen, denen sie sich widmete, immer in erster Linie den Charakter einer Familienstiftung. Die „alten ehrbaren Menschen“, die finanziell unterstützt werden sollten, waren vor allem und zuerst Personen aus der Verwandtschaft des Stifters. In §23 der Statuten legte Polednik detailliert fest, dass von den Zinsen des Stiftungsvermögens jährlich in halbjährlichen Raten „vier Sechzehntheile“ an Personen aus der Nachkommenschaft seiner zwei Schwestern Franziska Banik und Marianna Marek sowie seines Halbbruders Mathäus Goldmann, „zwei Sechszehntheile“ an Personen aus der Nachkommenschaft der ihm verwandten Familien väterlicher- und mütterlicherseits, „welche nach zurückgelegtem sechszehnten Jahre in Folge fortdauernder Krankheiten zur Arbeit unfähig, oder die über fünf und fünfzig Jahre alt und in beschränkten Vermögensumständen sich befinden“ gezahlt werden sollten. Ein weiteres Sechszehntel sollte unter den gleichen persönlichen Voraussetzungen "an die ärmsten Personen aus der Nachkommenschaft der Brüder und Schwestern meiner Ehefrau, sowie auch an die ärmsten Personen in den Ortschaften Lißek, Neudorf und Groß Rauden“ ausgezahlt werden.

Auch in den Gebäuden des Armenhauses selbst sollten zu „Kinder-Erziehungszwecken“ nach § 24 des Statuts „körperlich und geistig bildungsfähige, mit dauernden Krankheiten nicht behaftete Mädchen unter 20 Jahren in Haushaltungs- und sogenannten weiblichen Arbeiten als auch in sonstigen technischen sowie geistigen und religiösen Gegenständen Unterricht und Erziehung erhalten und zwar.

a)      vor allen Andern aus der Nachkommenschaft meiner im Statuts § 23 gedachten zwei Schwestern, nämlich der F r a n z i s k a, verehelicht gewesenen S i m o n  B a n i k  und der M a r i a n n a  verehelicht gewesenen  G r e g o r  M a r e k  sowie meines Halbbruders M a t h i a s  G o l d m a n n, dann

b)      aus der Nachkommenschaft der mir sonst verwandten Familien väterlicher- und mütterlicherseits; hiernächst

c)      aus der Nachkommenschaft der Brüder und Schwestern meiner Ehefrau; hierauf

d)      aus den Dörfern Lißek, Neudorf, Groß-Rauden, Zwonowitz, Summin, Gaschowitz, Gurek, Solarnia, Pietze, Bogunitz und Schimitzitz und endlich

e)      aus allen Ortschaften, allgemein genannt.“

Im § 29 verfügte Polednik schließlich für den männlichen Nachwuchs: „Damit auch die Söhne aus der Nachkommenschaft meiner im Statuts § 23 gedachten zwei Schwestern F r a n z i s k a  B a n i k  und M a r i a n n a  M a r e k  sowie meines Halbbruders M a t h ä u s  G o l d m a n n  und der mir sonst verwandten Familien väterlicher- und mütterlicherseits, besonders unter dem Familiennamen P o l e d n i k  der Wohlthaten meiner Armenhausstiftung theilhaftig werden und zu nützlichen Mitgliedern des Staats herangebildet werden, sollen dieselben nach vollendetem Elementar-Unterricht ihre fernere Ausbildung, gleichviel ob technische oder wissenschaftliche, wenn nicht ganz, so doch wenigstens theilweise aus dem Fonds erhalten…“

Nach § 54 sollte die Anstalt „den Charakter eines völlig selbständigen rein kirchlichen, von aller und jeder Aufsicht und Verwaltung weltlicher Behörden freien Instituts haben, und nur allein der Oberaufsicht und Leitung des Bischöflichen Stuhles in Breslau nach Maßgabe der in dieser Urkunde enthaltenen Bestimmungen unterworfen sein“. Es sollten nur katholische Bedürftige Aufnahme finden, Vorsteher bzw. Kuratoren und etwaige sonstige Beamten durften nur Katholiken sein. Eine Ausnahme galt nur für Grundstückspächter, die auch einer anderen Konfession angehören durften.

Auch als die Stiftung nach dem Tode Poledniks seinen Verfügungen gemäß von einem dreiköpfigen Kuratorium geleitet wurde, erhielt sich diese durch das Stiftungsstatut minutiös vorgegebene Praxis bis in das zweite Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts hinein. Offensichtlich weckte aber das nicht unbedeutende Vermögen der Stiftung Begehrlichkeiten bis in die obersten Etagen der Katholischen Kirche Schlesiens. Im Rybniker Kreisblatt erschien am 28. Februar 1914 auf der Titelseite folgende Bekanntmachung:

"Der Entwurf für eine Abänderung des Statuts der Polednik´schen Stiftung in Lissek, der von dem fürstbischöflichen Generalvikariat mit Genehmigung des Herrn Kardinalfürstbischofs aufgestellt worden ist, liegt vom 1. März bis 11. April d. Js. einschließlich auf dem Landratsamt Rybnik zur Einsicht der Beteiligten aus. Einwendungen gegen den Entwurf können während der Auslegungsfrist bei dem Landrat in Rybnik schriftlich oder zu Protokoll angebracht werden. Breslau, den 20. Februar 1914. Der Oberpräsident. gez. von Guenther."

Aus dem Rybniker Kreisblatt (13/1914) erfahren wir auch, dass sich die Polednik-Verwandten gegen von stiftungsfremder Seite formulierte Ansprüche offenbar nachdrücklich zu Wehr gesetzt haben. Fett umrandet erschien folgender

Aufruf!
Der unterzeichnete Ausschuß fordert a l l e Verwandte und sonstige Berechtigte der
Polednik´schen Stiftung zu Lissek
hiermit auf, am Sonntag, den 5. April 1914, Nachmittag 3 Uhr im Saale des "Schützengarten" zu Rybnik OS zwecks Beratung,
Beschlußfassung und Formulierung unserer besonderen Wünsche und berechtigten Forderungen in Bezug auf die neue Verwaltung und das neue Statut der Polednik´schen Stiftung in Lissek
entweder p e r s ö n l i c h - möglichst mit Familie - b e s t i m m t zu erscheinen, oder sich durch eine b e v o l l m ä c h t i g t e Person vertreten zu lassen.
Ein vollzähliges Erscheinen verbürgt den Erfolg!
Der erwählte Ausschuß Polednik´scher Verwandter.
Im Auftrage:
Viktor Morgalla, Sattlermeister in Rybnik

Im Kreis-Blatt erscheint am 6.Juni 1914 wiederum folgende "B e k a n n t m a c h u n g: Am Sonnabend, den 13. Juni d. Js, vormittags 10 Uhr findet im "Schützengarten" zu Rybnik eine Besprechung des neuen Statutenentwurfs für die P o l e d n i k´ s c h e S t i f t u n g i n L i s s e k und der dagegen erhobenen Einwendungen durch meinen Kommissar statt, wozu die Beteiligten hierzu eingeladen werden. Breslau, den 29. Mai 1814 Der Oberpräsident J.V. gez. Schimmelpfennig."

Eine schließlich von dem bis dahin als Rendant tätigen Verwandten Eduard Dolla am 22. April 1915 vor der Civilkammer des Königlichen Landgerichts in Ratibor angestrengte Klage blieb erfolglos. Hauptkritikpunkt Dollas war, dass gegen den Willen der Mehrheit der berechtigten Angehörigen und unter Verstoß gegen den in den Statuten ausdrücklich festgelegten Willen des Stifters sowie gegen entgegenstehende Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und Preußischer Verwaltungsgesetze die Satzung dahingehend geändert werden sollte, dass nicht mehr ein Familienmitglied des Stifters als einziges nutznießendes Mitglied Rendant der Stiftung und als solcher drittes Mitglied des Kuratoriums zu sein hatte.

In der Tat hatte Polednik in den §§ 12 und 13 der von ihm 1852 verfassten Statuten ausdrücklich bestimmt, dass nur männliche Personen mit dem Familiennamen „Polednik“ den Rendantenposten innehaben sollten. Selbst für den Fall, dass aus seiner eigenen Verwandtschaft kein Namensträger mehr zur Verfügung stehen würde, sollte ein familienfremder Träger des Namens Polednik als Rendant ausgewählt werden, denn, so Polednik „es ist mein Wille, dass hier stets Personen unter dem Namen P o l e d n i k existiren, da es dem Allmächtigen nicht gefallen hat, diesen Namen durch meinen geliebten Sohn ferner vererben zu lassen.“

Für den Fall, dass überhaupt kein „männliches Individuum aus Polednik´schen Familien“ berufen werden könne , so der Wortlaut des §13, solle „der Rendant resp. Nutznießer aus den männlichen Nachkommen der Söhne meiner Schwester F r a n z i s k a  verehelicht gewesenen S i m o n  B a n i k Namens: F r a n z, S i m o n  und  E m a n u e l  B a n i k, in Ermangelung dieser aus den männlichen Nachkommen der Söhne meiner Schwester M a r i a n n a  verehelicht gewesenen G r e g o r  M a r e k, Namens: M a r c e l l, F r a n z  und V i n c e n t  M a r e k, in Ermangelung dieser aus den männlichen Nachkommen nach dem Sohne meines Halbbruders M a t h ä u s  G o l d m a n n, Namens: F a b i a n  und endlich aus den männlichen Nachkommen der Brüder meiner Ehefrau E r n e s t i n e, geb. G a n c z a r s k i, Namens: J o s e p h, J o h a n n , K a r l  und R o b e r t  G a n c z a r s k i  genommen resp. angestellt werden“.

Das Neue Statut sah nunmehr vor, dass die Stiftung von drei gleichberechtigten Kuratoren geleitet werden sollte. Erster Kurator sollte ein Besitzer eines benachbarten Rittergutes, zweiter Kurator der jeweilige Lisseker Pfarrer und dritter Kurator entweder eine Person aus der Verwandtschaft des Stifters oder „irgendein anderer Geeigneter“ sein. Zur Unterstützung der Kuratoren sollte ein weiterer Beamter, nämlich der Stiftsrendant eingestellt werden, der bei genügend nachgewiesener Befähigung zwar auch aus dem Verwandtschaftskreis kommen sollte, aber auch ein Nichtverwandter sein konnte, wenn „geeignete und befähigte Bewerber“ aus dem Verwandtenkreis nicht vorhanden seien. Ihm sollte keine Nutznießung zustehen, sondern eine reine Besoldung seiner Dienstleistungen.

Am 9.3.1916 wurde das neue Statut von den Kuratoren Lukas, Pfarrer Ballon und Rechtsanwalt Dr. Ogorek in gemeinsamer Beschlussfassung angenommen. Von diesem Zeitpunkt an befand sich die Stiftung völlig in fremden Händen und unterlag keiner Mitverantwortung mehr von seiten der Familienangehörigen des Stifters.

Das Statut von 1916 enthielt konkretere Regelungen für die Ausbildung der mit dem Stifter verwandten Mädchen und Jungen und regelte die Armenunterstützung und Altersrenten durch genau festgelegte Beträge. An Personen aus der Nachkommenschaft der beiden Schwestern Poledniks und seines Halbbruders sollten Geldleistungen „in Höhe von jährlich 180, 240 bis höchstens 300 Mark in drei Altersstufen bei 55, 60 und 65 Jahren“, an die „Nachkommenschaft der dem Stifter verwandten Familien väterlicher- und mütterlicherseits“ jährlich 100, 150 bis höchstens 200 Mark in denselben Alterstufen, „an die Nachkommenschaft der Brüder und Schwestern der Ehefrau des Stifters, der Eva Ernestine Ganczarsky“ jährlich 60, 80 bis höchstens 100 Mark in denselben Altersstufen gezahlt werden, jeweils unter der Voraussetzung, dass sie "nach zurückgelegtem 16. (sechzehnten) Lebensjahre zur Arbeit unfähig oder ... über 55 (fünfundfünfzig) Jahre alt sind und in beschränkten Vermögensumständen sich befinden". An die "ärmsten Personen aus den Ortschaften Lissek, Neudorf und Rauden, welche über 60 Jahre alt sind“, sollten außerdem jährlich 36, 48 bis höchstens 60 Mark in drei Altersstufen bei 60, 65 und 70 Jahren und an alle Anstaltszöglinge und Kinder der verwandten Familien, sowie an "Blinde, Taubstumme und sonstige Krüppel aus diesen Familien, welche vor dem vollendeten 16. Lebensjahre infolge fortdauernder Krankheit zur Arbeit unfähig werden und in Krankenhäusern und anderen Erziehungsanstalten untergebracht werden müssen, die vollen erforderlichen Jahresbeiträge…“ gezahlt werden

Auch die Beträge anderweitiger Stiftungszwecke wurden genau beziffert, als „Aussteuerstipendien erhielten die zu berücksichtigenden Nachkommen der Familien 300 Mark und zwar „a) Jungfrauen bei ihrer Verheiratung, b) junge Männer ledigen und verheirateten Standes, welche sich als Handwerksmeister, Kaufmann oder Ackerwirt nach vorangegangener ordnungsgemäßer Ausbildung selbständig machen.“ Auch die Andenkengabe, die zur Erinnerung an die beiden Schwestern des Stifters an die von ihnen abstammenden Besitzer der von den Schwestern ehemals bewirtschafteten Stellen (Nr. 1 Stanitz bzw. Nr. 3 Stodoll) im Rahmen eines in Lissek zu feiernden Festes ausgezahlt werden sollten, wurden auf 50 Mark festgesetzt. Zur Feier des Josefsfestes sollte alljährlich am 19. März ein Festgottesdienst in der Anstaltskirche stattfinden und die zum Fest erschienenen Verwandten eine "angemessene Festgabe aus der Stiftungskasse" erhalten.

Das Vermögen der Stiftung wird in den §§ 27 und 29 genau bezeichnet. Es bestand danach "aus dem zu den Rittergütern Lissek und Neudorf im Kreise Rybnik gehörigen Grundbesitz einschl. der Forsten, aus dem sogen. Rendanturdienstgehöft, bestehend in Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, Garten, Äcker und Wiesen, aus dem Anstaltsgebäude nebst Kapelle und Garten, aus dem Anstaltsfriedhof nebst Gruftkapelle, aus der sogen. Scholz´schen Stelle, bestehend in Wohnhaus und Garten, aus der sogen. Ganczarsky´schen Stelle, bestehend in Wohnhaus und Garten, aus der Försterei, bestehend in Wohnhaus und Garten, sowie aus dem mündelsicher angelegten Kapitalvermögen, welches in der Bistums-Hauptkasse in Breslau verwahrt wird." Dabei unterschied sich das Vermögen der Stiftung in eine Haupt- und Reservemasse. Zur Hauptmasse gehörte alles mobile und immobile Vermögen mit Ausnahme einiger kleinerer Spezialstiftungsmassen "und der Reservemasse von zurzeit 600 000 Mark." Die Reservemasse sollte nach § 32 lediglich für neue Grundstückserwerbungen, die Deckung von Kapitalverlusten, Neubauten und Gebäudereparaturen und eventuelle Zuschüsse zu den Stiftungszwecken und außerordenliche Unterstützungen an Stiftungsberechtigte aufkommen.

Als 1921 Ostoberschlesien an Polen übergegangen war, wurde in den Folgejahren auch ein Bistum Kattowitz eingerichtet. Die Stiftung wurde unter Aufsicht der neugegründeten bischöflichen Kurie in Kattowitz gestellt. Unter Bischof Adamski begann 1932 der Bau der Kattowitzer Christ-König-Kathedrale, 1935 wurde mit dem Chor ein erster Bauabschnitt fertiggestellt, der schon als Gotteshaus genutzt wurde. Seitdem versiegte der Strom der Zuwendungen für die Begünstigten der Polednik´schen Stiftung. Noch heute hegen ihre Nachkommen den Verdacht, dass die Baukosten für die prächtig ausgestattete Kathedrale im neuklassizistischenStil zu einem nicht geringen Teil aus dem Stiftungsvermögen finanziert worden sind.

Unter dem nationalsozialistischen Regime wurde das Polednik´sche Armenhaus zum Heiligen Josef aus dem Grundbuch als Eigentümer des ausgedehnten Grundbesitzes gestrichen und unter den Katasternummern 180 und 181 das Deutsche Reich, "vertreten durch den Reichsführer SS Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums" als neuer Eigentümer eingetragen. Das Stiftungsgebäude wurde in der Folgezeit Sitz der örtlichen Polizeidienststelle mit einem kleinen Gefängnis, in dessen Räumen sich nach Berichten von Dorfbewohnern unter der Regie der SS unmenschliche Folterszenen abgespielt haben sollen. Im weiteren Verlauf dienten die Gebäude als Nebenlager von Auschwitz, als Lager für aus Zentralpolen ausgesiedelte polnische Familien und später auch als Durchgangslager für Rumänien- und Wolgadeutsche.

Im Laufe des Jahres 1942 bildete sich die Polednik´sche Stiftung neu und alle "Erben der Polednik´schen Stiftung" erhielten ein Rundschreiben, in dem ihnen die Bildung eines neuen Kuratoriums mitgeteilt wurde, das aus dem Rybniker Oberbürgermeister Burda, dem Fahrsteiger Adamitzki und dem Landrat Elsner bestand. Zur gegenwärtigen Lage der Stiftung sei zu sagen, dass durch

"... Mißwirtschaft und Unfähigkeit der früheren Verwalter, die unter Aufsicht des Bischofs in Kattowitz standen, große Teile des Vermögens in Verlust geraten" seien. Weiter heißt es: "Durch den Übergang des früheren Ost-Oberschlesiens in den Verband des Deutschen Reiches ist ebenfalls ein beträchtlicher Teil des Vermögens (etwa 100 000,- RM) verloren gegangen, da die in polnischen Staatsanleihen angelegten und auf polnischen Banken befindlichen Gelder von der Haupttreuhandstelle in Berlin als verfallen erklärt wurden. Ferner ist der Stiftung auch von der genannten Stelle der Land- und Forstbesitz, der umfangreich ist, vorläufig entzogen worden. Er wird von der Ostdeutschen Landbewirtschaftungs G.m.b.H. in Kattowitz verwaltet."

Nach § 2 der beigefügten Satzung bestand das Vermögen aus dem Anstaltsgebäude nebst Kapelle und Garten, Anstaltsfriedhof und Gruftkapelle, aus dem mündelsicher angelegten Kapitalvermögen und aus dem Barvermögen. Nach § 3 flossen die "Erträge des Stiftungsvermögens den stiftungsberechtigten Mitgliedern der Polednik´schen Stiftung zu, und zwar:
a) der Nachkommenschaft der zwei Schwestern des Stifters, der Franziska, verehelicht gewesenen Simon Banik und der Marianne, verehelicht gewesenen Gregor Marek, ferner des Halbbruders des Stifters Matthäus Goldmann,
b) der Nachkommenschaft der Brüder und Schwestern der Ehefrau des Stifters, Eva Ernestine Polednik, geborene Ganczarski,
c) der Nachkommenschaft der dem Stifter verwandten Familien väterlicher- und mütterlicherseits."

Die Erträge des Stiftungsvermögens sollten im besonderen der Förderung der Jugend und der Unterstützung des Alters in diesem Personenkreise dienen, wobei die Entscheidung über die Förderungs- und Unterstützungsfähigkeit dem Kuratorium oblag.

Als Vorstand der Stiftung war wieder ein dreiköpfiges Kuratorium vorgesehen, das aus dem jeweiligen Landrat des Kreises Rybnik und aus "zwei Mitgliedern der stiftungsberechtigten Polednik´schen Verwandtschaft, die von der Aufsichtsbehörde für die Dauer von 6 Jahren in das Kuratorium jeweils berufen werden," bestehen sollte.

1945 erlitten die Gebäude durch fast zehn Wochen andauernde intensive Kampfhandlungen erhebliche Kriegsschäden. Danach dienten sie als Wohnstätte für Einwohner, deren Häuser zerstört worden waren, waren dann Waisen- und Altersheim. Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde das Grundstücksvermögen laut Katastereintragungen 1947 kurzzeitig auf die "Poledniksche Armenstiftung vom Heiligen Josef" übertragen und ging dann 1950 endgültig auf den "Skarb Panstwa Polskiego", den Fiskus des Polnischen Staates über.

Seit etwa 1951 dienen die Gebäude als staatliches Pflegeheim der polnischen Sozialfürsorge und bieten 140 nervenkranken Frauen Unterhalt und therapeutische Pflege. In Zusammenarbeit mit ausländischen Institutionen aus den Niederlanden, Deutschland und Dänemark, darunter nicht zuletzt mit dem Gelsenkirchener „Sozialwerk St. Georg“, gelang es, das Betreuungsniveau und den Unterbringungsstandard erheblich anzuheben. Mit immer noch knappen Mitteln und bei weitem nicht optimaler Ausstattung wird von Leitung und Personal des Hauses liebevoller und aufopferungsbereiter Dienst am Nächsten geleistet - ganz im Sinne der sozialen Zielvorstellungen des Stifters, der in seinem Hause unvergessen ist.

Die Polednik´sche Armenhaus-Stiftung zum heiligen Josef, die 1852 den Status einer juristischen Person erlangte, blieb übrigens nicht die einzige Stiftung, die auf Polednik zurückgeht. Schon am 20. Februar 1851 war eine "Stiftung ehemaliger Raudener Gymnasiasten" vom Bischöflichen General-Vikariat in Breslau "zur immerwährenden Giltigkeit angenommen und confirmirt" worden, die Polednik aus Anlaß eines Treffens von Ehemaligen anregte, das er für den 15. August 1850 selbst nach Rauden einberufen hatte. In der Einladung, deren Text auch in der Beilage der Nr. 27/1850 der "Schlesischen Zeitung" abgedruckt worden war, stellt Polednik u.a. mit Stolz fest, daß es die an der Schule ehemals als Lehrer tätigen Zisterziensermönche verstanden hätten, "neben der wissenschaftlichen... auch solche fachliche Bildung und Gehorsam gegen König und Gefolge den Schülern einzuprägen, daß von diesen gewiß keiner nachzuweisen ist, der behufs Errichtung von Republiquen thätig oder wegen politischer Verbrechen angeklagt war". Die Stiftung, die eine alljährlich am 15. August in der Pfarrkirche zu Rauden zu lesende "stille heilige Messe mit Orgelbegleitung und Volksgesang für die verstorbenen Priester und Schüler des ehemaligen Klostergymnasiums" vorsah, wurde später in die Polednik´sche Stiftung integriert.

Polednik, der als Großgrundbesitzer auch Deputierter des Rybniker Kreistages war, erhielt mehrere hohe Auszeichnungen. Im Januar 1853 verlieh ihm der preußische Staat das Ritterkreuz III. Klasse des Fürstlichen Hausordens von Hohenzollern und am 7. 5. 1864 wurde er mit dem Roten Adlerorden IV. Klasse ausgezeichnet. Am 3.2.1858 wurde er Ritter des päpstlichen Ordens zum Heiligen Grabe.

Die König Wilhelm am 30. April 1864 vom Innenministerium vorgelegte Empfehlung für die Ordensverleihung war wie folgt begründet:

"Der Rittergutsbesitzer und Kreisdeputierte Polednik, welcher das Ritterkreuz dritter Klasse des Fürstlich Hohenzollernschen Hausordens und den päbstlichen Orden vom heiligen Grabe besitzt, hat sich durch langjährige Wirksamkeit als Kreisstand, sowie durch reges Interesse für alle Angelegenheiten des öffentlichen Wohles, welches durch die Gründung eines Hospitals für Kranke und einer Erziehungsanstalt für Waisenkinder an seinem Wohnort einen besonderen Ausdruck gefunden hat, ausgezeichnet. Seine wahrhaft patriotische Gesinnung und Thätigkeit lassen ihn einer Auszeichnung in jeder Beziehung würdig erscheinen..."

Polednik starb am 20.8.1882. Müntzberg: "...Nachmittags 3 Uhr setzte nach nur vierwöchentlichem Krankenlager der Tod dem arbeitsreichen Leben des Stifters ein Ziel. Die Leiche wurde nach der Stiftskapelle gebracht und hier aufgebahrt. Die Ordensschwestern und die Zöglinge beteten abwechselnd an dem Sarge. Die feierliche Beisetzung in der Familiengruft fand am 23. August statt. Eine große Anzahl Leidtragender war herbeigeeilt, um den Verstorbenen, der in den letzten Jahren seines Lebens so manchem Bedrängten geholfen hatte, das letzte Geleit zu geben. An der Spitze der Kreis=Deputierten war der Landrath Geheime Regierungsrath Gemander =Rybnik erschienen."

Polednik hinterließ ein Testament, das seine Besitztümer auf seine Stiftung übertrug. Es heißt dort u.a.:

"Auch schon meine Akten betreffend das Fundiren des Polednik´schen Armenhauses zu Lissek, genannt Armenhaus zum heiligen Joseph, ergaben, daß ich von Jugend an Zerstreuungen und Bequemlichkeiten zu entbehren gesucht habe und daß ich nur mit Tätigkeit und Sparsamkeit bedacht werde. Ich fühle mich zu Allem diesem umsomehr verpflichtet, da ich nicht nur in den vorzugsweise mir gewordenen vielen Gelegenheiten zur Tätigkeit und zur Vermögensvermehrung, sondern auch in meinen Familien-Ereignissen den gnadenreichen Willen eines unerforschlichen Wesens anerkannt habe. Ich erachte mich daher auch nicht für befugt, das in Folge des Segens des allmächtigen Wesens und wahrlich mühsam und ehrlich erworbene Vermögen an Menschen gelangen zu lassen, die es möglicherweise bald vertun würden, weil ihnen solches nur durch Zufall werden möchte. Ich fühle mich verpflichtet, dieses Vermögen dem Allmächtigen Wesen zu dem Behuf zurückgzugeben, damit dasselbe unvergänglich zur Unterstützung und zur religiösen, wissenschaftlichen oder technischen Ausbildung dessen menschlichen Geschöpfe dienen könnte, die es dafür anbeten und preisen sollen. Aus diesen Motiven ernenne ich hierdurch wohlüberlegt, feierlichst und unwiderruflich das von mir in Lissek im Rybniker Kreise in Oberschlesien fundierte Armenhaus, genannt Armenhaus zum heiligen Joseph, zum Universalerben... "

Eva Ernestine Polednik, geb. Ganczarski, starb nach 30jähriger Krankheit am 26.8.1880. Sie wurde an der Seite ihres Sohnes Eduard in der Gruft der Polednik´schen Grabkapelle beigesetzt.

Die Grabstätte der Stifterfamilie Polednik findet sich noch heute im Südteil des alten Lisseker Friedhofs, der sich, seit der Errichtung des 1906 direkt gegenüber dem Hauptgebäude der Stiftung fertiggestellten Baus der neugotischen Pfarrkirche, auf dem Grundstück der ehemaligen Schrotholzkirche befindet, die dort seit dem Jahre 1670 gestanden hatte. An fast der gleichen Stelle, nur wenige Schritte von dem auf dem Rittergut gelegenen Wohnhaus der Polednik, das in den 1861 erstellten Katasterkarten des Kreises Rybnik als Schloß bezeichnet wird, steht die schon 1843 errichtete Begräbniskapelle der Familie, in deren Untergeschoß die drei Sarkophage der Familienmitglieder bis auf den heutigen Tag nebeneinander aufgereiht sind.

Auf einer dem regionalen Kulturerbe gewidmeten polnischen Website finden sich Fotos der Stiftungsgebäude und der Grabkapelle in Lissek, heute Lyski , sowie zusätzliche Informationen über den Stifter und seine Familie.

Das Andenken an die Stifterfamilie ist in Lissek immer lebendig geblieben. Eine der Geschichten, die man sich noch heute im Dorf erzählt, lautet folgendermaßen:

Eines Tages kam ein Bettler ins Dorf und bat die "Baronin" um ein Almosen. Die für ihre Hartherzigkeit bekannte Ernestine Polednik wies ihn ab, drohte mit ihrer Peitsche und rief ihm zu: Ich mach dir Beine, wenn du nicht sofort verschwindest. Der Bettler ging, drehte sich aber noch einmal um und sagte: Sei verflucht! Nie wieder sollst du gehen können. Bald darauf erkrankte die Gutsbesitzerin, konnte sich nur noch am Stock fortbewegen und wurde nicht lange danach vollkommen bettlägerig. Sie ließ daher in der ganzen Umgebung nach dem Bettler suchen, um den Fluch wieder rückgängig machen zu lassen. Im Stiftungsgebäude wurde sogar ein Zimmer eingerichtet, in dem fortan durchreisende Arme und Landstreicher für die Nacht aufgenommen wurden. Schließlich wurde der Bettler gefunden. Die Gutsherrin ließ auch ihn bewirten und ihm ein Bett für die Nacht zuweisen. Am nächsten Morgen rief sie ihn zu sich und bat darum, den Fluch von ihr zu nehmen. Der Bettler zuckte die Achseln und sagte: Kann ich auch verfluchen, so ich kann doch keinen Fluch zurücknehmen. Und warum sollte ich auch? Seit du dich nicht mehr von deinem Krankenbett erheben kannst, bist du weiter gegangen als je zuvor!

Eine am Eingang des Stiftungsgebäudes angebrachte Ehrentafel ist im Verlaufe der Nachkriegszeit entfernt worden und galt lange als verschollen. Der ebenfalls zur Verwandtschaft des Stifters zählende Heimatfreund Norbert Wyputa entdeckte sie nach eigenem Bekunden am 13.11.1978 im Heizungskeller des heutigen Altersheimes, abgestellt hinter dem Dampfkessel.

Sie besteht aus einer Stahlgussplatte in den Maßen 150X120 Zentimeter. In einem kreisförmigen Feld, das im oberen Teil der Tafel mittig angebracht ist, befindet sich das Porträt des Stifters, darunter in gotischen Buchstaben folgende Inschrift:

Joseph Benedict Polednik, geboren
in Groß Rauden am 19. März 1798,
Kreis Deputierter und Herr der
Rittergüter Lissek und Neudorff,
liess dieses Armenhaus 1847
erbauen aus Veranlassung des am
8.1.1846 erfolgten Ablebens
seines einzigen sehr geliebten
Sohnes Eduard, Joseph, Ernst,
Gregor - geboren 11.3.1829.

Das zweite Kind des Gutsbesitzers Joseph G a n c z a r s k y war mein am 19.10.1803 in Lissek geborener Altgroßvater Joseph . Er heiratet laut Lisseker Kirchenbuch als "herzogl. Förster" am 20. 11. 1831 die 21jährige Amalia, Tochter des Feuerwerkers Georg Marnike (oder Maenike) "aus Kalau in Sachsen". In seinen genealogischen Aufzeichnungen von 1863 nennt Joseph Ganczarski "Calau in der Niederlausitz" als Geburtsort seiner Frau Amalie und fügt hinzu: "...ihr Vater hieß Georg Marneke, war ein Chemiker - resp. ein Feuerwerker."

Aus dieser Ehe sind folgende Kinder bekannt:
1. Antonie * Barglowka 22.6.1834
2. Anna Maria Florentina, * Barglowka 16.8.1840 (Taufpaten: Carl Grabowski, Amalie Nerlich), † Barglowka 3.9.1843
3. Josephine, *Barglowka 13.4.1843 (Taufpaten: Waldbesitzer Ganczarski, Ernestine Polednik). † Lissek 26.12.1862
4. Joseph Emanuel Gebhard, * Barglowka 9.6.1845 (Taufpaten: Joseph Polednik, Gutsbesitzer aus Lissek, Ernestine, dessen Ehefrau)
5. Emanuel Joseph Petrus. * Szczejkowitz 12.7.1847 (Taufpaten: Franz Berger, Schullehrer aus Mathestal, Johanna Natschinski, Müllerin aus Powin)

Das Kirchenbuch erläutert die Todesumstände der zum damaligen Zeitpunkt "19 2/3 " Jahre alten Tochter Josephine so: "Von einem Wirtschaftsbeamten aus Unwissenheit im Scherze erschossen".

Diese zum größten Teil aus Kirchenbüchern entnommenen Angaben lassen sich ergänzen und erweitern durch die genealogischen Aufzeichnungen Joseph Ganczarskis, der über seine eigenen Kinder das Folgende notiert:

"Die Söhne: Emil - Joseph - Emanuel und Paul - und Carl Pius - , und

die Töchter Matilde, die in Amerika gestorben ist, den 9. August 1858 in New Orleans, wohin sie mit ihrer Mutter, der Amalie Ganczarsky, meiner Frau gereiset war. Dann die Tochter Antonie, die an einen Eisenbahn-Beamten Carl Beck verehelicht ist - zur Zeit in Alt Kemnitz, Kreis Hirschberg stationiert.

Dann die Tochter Marie, die verehelicht ist an den Fleischermstr. Schallast in Peiskretscham.

Dann die Tochter Josephine, die in ihrem 20jährigen Alter, damals in Lissek bei meiner Schwester verweilend, von dem Verwalter meines Schwagers Polednik in seiner Trunkenheit und Leichtsinnigkeit erschossen worden ist, und das an dem heiligen Stephans-Tage, den 26. Dezember 1862.

Dann die Tochter Anne, die im 3ten Jahre, den 3. September 1843 abgelebt und der Sohn Carl, der im 4ten Jahresalter auch gestorben ist, den 11ten Oktober 1857."

In Zabrze als Schlosser ansässig, heiratet Emanuel in Peiskretscham am 23. Juni 1874 die 24jährige Mathilde Schalast, Tochter des Fleischermeisters Valentin Schalast und begründet damit den Hindenburger Zweig der Ganczarski. Überraschenderweise bezeichnet das Kirchenbuch den Bräutigam als Emanuel von Ganczarski und nennt ihn Sohn des "Joseph von Ganczarski, königlicher Förster, Szczejkowitz". Emanuels Söhne sind Johann und Joseph, beide von Beruf Grubenaufseher in Hindenburg. Ein dem Adressbuch für Zabrze beigefügtes Einwohnerverzeichnis für den Ort Zaborze verzeichnet 1912 "von Ganczarski Johs., Schlosser" als an der Bismarckstr. 26 ansässig und das Hindenburger " Einwohner-Adressbuch" von 1938 nennt "Ganczarski, von, Johannes, Aufseher", als an der Kunzendorfer Str. 26 und "Ganczarski, von, Josef, Aufseher" als an der Dorotheenstr. 102 wohnhaft.

Der in Alt-Zabrze am 19.3.1880 geborene Josef von Ganczarski heiratet am 29.1.1906 die am 25.1.1888 in Knurow geborene Maria Greiner. Kinder des Paares sind Elfriede, geb. in Knurow am 29.7.1906 (verh. Piecha), Adelheit, geb. in Czuchow am 28.9.1909, Elsbeth, geb. in Kunzendorf am 19.6.1913 (verh. Kotterba), Maria, geb. in Kunzendorf am 30.7.1916 (verh. Hampf), Margaretha, geb. in Kunzendorf am 2.12.1918 (verh. Schimang), Johanna, geb. in Kunzendorf am 4.4.1921, Stephanie, geb. in Hindenburg, Charlotte, geb. in Hindenburg am 15.7.1925 und Waldemar, geb. in Hindenburg am 15.2.1929.

Die in Barglowka geborene Tochter Antonie des Försters Ganczarski heiratete (wohl im Jahre 1860) Carl Franz Beck, den ältesten Sohn des Lisseker Bleichers Jakob B e c k und seiner Frau Maria S i k o r a. Sie starb als Großmutter meines Großvaters Karl B e c k am 9.10.1919 in Peiskretscham.

Carl Franz B e c k s Eltern, der Bleicher Jacob Beck (* 1806/1807) und seine Ehefrau Maria Sikora, am 8.11.1807? in Lissek wahrscheinlich als Tochter des Carl Sikora (*1780, † 15.4.1853) und seiner Ehefrau Johanna Kurek/Kurka (*5.8.1779, † 22.4.1830) geboren, heirateten am 6.7.1829 in Lissek. Als Jacob am 12.3.1869 in Gottartowitz als "ehemaliger Bleicher" stirbt, hinterläßt er laut Kirchenbuch von Belk sein "Eheweib Marianna, geb. S i k o r a und 10 Kinder, davon 3 minorene". Das Lisseker Kirchenbuch verzeichnet die Geburten von insgesamt sechs Kindern, von denen zwei schon früh sterben, und den Tod eines siebten Kindes.

1. Carl Franz, * 12.9.1829 (Taufpaten: Herr Capelan Jakob Gensty, Julie Wystyrk)
2. Aloisia, * 31.5.1831 (Taufpaten: Joseph Ganczarski, Maria Wystyrk), † 1.6.1831 ("unzeitliche Geburt")
3. Christina Matilda, *10.3.1833 Taufpaten: Joseph Ganczarski, Rosalia Beck)
4. Theodor, *20.4.1835 (Taufpaten: Blasius Sobeczko aus Bogunitz, Julia Wystyrk aus Lissek)
5. Franz, *1.9.1836 (Taufpaten: Blasius Sobeczko, Müller aus Bogunitz, Maria Geyer aus Syrin)
6. Anna, * (1845), †9.10.1846
7. Eduard,* 15.12.1848 (Taufpaten Franz Kapza, Hutmacher aus Rybnik, Francisca Ganczarski aus Lissek)

Aus dem ( lückenhaften) Kirchenbuch geht nicht die Geburt von zwei weiteren Töchtern hervor, der am 13.3.1838 geborenen Maria und der kurz nach dem Tod der gleichnamigen Schwester 1847 geborenen Anna. Sie sind die einzigen Schwestern des Carl Franz, von denen wir weitere Lebensdaten kennen. Maria war verheiratet mit Ignatz Skupnik und starb am 11.8.1871 in Pyschcz. Zwei Söhne, Johann, * ( Ratiborhammer?) 7.5.1866 und Carl, * Pyschcz 30.11.1868 sind aus der Ehe bekannt. Am 27.7.1869 heiratet Anna in Gottartowitz den 26 jährigen Junggesellen Caspar, Sohn des Leinwandwebers Wenzel Emmrich. Am 9. August kommt der Sohn Carl Lorenz zur Welt.

Auch von dem wahrscheinlich 1844 geborenen Sohn Adolf (†Ratiborhammer 20.2.1899) erfahren wir erst anlässlich seiner Heirat als 21jähriger Schmied mit der 20jährigen Constantine Sieron am 13.12.1865 in Ratiborhammer. Constantine stirbt 1928. Die in Ratiborhammer geborenen sieben Kinder des Ehepaares sind: Carl (*1868, †28.11.1932, verh. 1889 mit Anna Klossek), Constantine (*1870), Maria (*1873), Anna (*1876), Aloysia (*1879), Hedwig (*1882) und Constantia (*1884). Kinder Carls aus der Ehe mit Anna Klossek sind Emil (*11.10.1889), Marie (*26.5.1891) und Hedwig (*27.6.1893).

Von Franz Beck wissen wir, dass er als 32jähriger Fleischergeselle am 12.12.1868 eine zehnjährige Zuchthausstrafe wegen "Widersetzlichkeit und körperlicher Beschädigung eines Forstbeamten" in der Strafanstalt Ratibor antreten musste. Nach dem Tode seiner ersten Ehefrau Ludwina Latka kinderlos geblieben, heiratete er in Lissek am 29.11.1884 die am 10.3.1866 in Lubom geborene uneheliche Tochter Josepha seiner Schwägerin Johanna Latka aus Hoschütz.

Jacob Beck ist vermutlich der Sohn des 1777 geborenen Bleichers Johann Beck, dessen Namen das Kirchenbuch nur einmal anläßlich seines Todes im Alter von 52 Jahren am 6.11.1829 nennt. Johann Becks Frau ist wahrscheinlich die "Bleicherin" Rosalia Beck, die am 28.11.1837 als "verwitwete Johann B e c k" mit 63 Jahren stirbt, also 1774 geboren ist. Wahrscheinlich sind Johann und Rosalia nicht nur die Eltern Jacobs, sondern auch die der Kinder Carl (*1797), Johann (*1806), Josepha und Rosalia.

Aus dem im Juni 1848 in Ratibor eröffneten Testament des Freigutsbesitzers Joseph G a n c z a r s k y erfahren wir, daß sich die Bleicherin Rosalia B e c k als Wohltäterin der Lisseker Kirchengemeinde hervorgetan hatte. G a n c z a r s k y wendet der Kirche unter anderem 100 Taler zu, deren Zinsen der Pfarrer als "Beitrag zur Bestreitung der Reisekosten und seine Bemühungen einschließlich der Auslagen für die Kirchenväter und Ministranten bei der alljährlich am Tage Mariae Geburt stattfindenden, von der verstorbenen Rosalia B e c k bereits gestifteten Lisseker Prozession nach Pschow" erhalten solle "indem ich dieser B e c k´schen Prozessions Stiftung ausdrücklich beitrete". Weitere 200 Taler vermacht G a n c z a r s k y der Pfarr Fundations Casse zugunsten des "Hospital - Fonds", aus dem "künftig für die Armen zu Lissek und Neudorf (bei Lissek) im Dorfe Lissek ein Hospital errichtet werden soll, und wozu schon die obgenannte Rosalia B e c k durch ein Legat den Grund gelegt hat".

Aus dem Lisseker Kirchenbuch erfahren wir von Carl, "Einlieger und Ehegatte der Josepha, geb. Z i m m e r", daß er 70jährig am 1.12.1867 "am Schlage" stirbt und "die Ehefrau u. 2 maj. Söhne, welche in Lendzin wohnhaft sind", hinterläßt. Das Lendziner Kirchenbuch enthält den Geburtseintrag seines Sohnes Ignatz, der am 31.8.1845 in Lendzin-Bleiche geboren wird, und den Eintrag einer totgeborenen Tochter vom 24.5.1850. Carls Beruf wird in den Lendziner Eintragungen als "Bleichergeselle" angegeben.

Ebenfalls als Bleichergeselle bezeichnet das Lisseker Kirchenbuch den Johann B e c k, der 26jährig am 13.11.1832 die 1809 geborene Josepha, Tochter des verstorbenen Müllers Gallus G e n s t y heiratet. In Lissek und Neudorf werden zwei Kinder geboren:


1. Franz Jacob, * Lissek 30.3.1833 (Taufpaten: Jacob Beck, Julia Niwiadek)
2. Carolina Agnes, * Neudorf 20.1.1835 (Taufpaten: Jacob Beck, Julia Wystyrk aus Lissek)

Von einer weiteren Tochter erfahren wir 15 Jahre später aus dem Belker Kirchenbuch:
3. Marianna, * Gottartowitz 21.8.1850 (Taufpaten: Johann Martulik, Schullehrer, Josepha Schymura)

Josepha begegnen wir als Ehefrau des Joseph G r z e n i a. Aus der Ehe sind zwei Kinder bekannt:

1. Maria, * 19.4.1830
2. Johann, * 31.7.1834

Rosalia erscheint uns als Ehefrau des Karl P r o t z e k. Der Sohn Jakob wird am 29.4.1833 geboren.

Zur Lisseker Beck-Familie ist wohl auch der um 1780 geborene Bleicher Carl Lukas Beck zu rechnen, dessen am 17.10 1817 in Lissek geborener Sohn Eugen Lukas nach seiner Heirat mit Marianne Pyschny am 3.10.1841 die Belker Beck-Linie begründet.

Carl Franz Beck, Jacob Becks ältester Sohn, heiratet Antonie, die am 22.6.1834 in Barglowka geborene Tochter des herzoglichen Försters Joseph G a n c z a r s k i und seiner Frau Amalia M a e n i k e. Zunächst als Bergmann, dann als Weichensteller bei der Eisenbahn beschäftigt, stirbt er im Juli 1909 in Groß Merzdorf bei Schweidnitz. Der Ehe entstammen sieben Kinder:

1. Marie Ernestine Amalie, * Lissek 10.9.1861; verheiratet mit August N e u m a n n
2. Leopoldina Seraphika, * Lissek 7.2.1864
3. Leopold Heinrich, * Schildau (Kr. Hirschberg) 8.7.1866
4. Robert Paul Oskar, * Gotschdorf (Kr. Hirschberg) 2.7.1868, † Hamburg 2.4.1955
5. Amalia Emma Hedwig, * Alt Kemnitz (Kr. Hirschberg) 21.10 1871
6. Emanuel Joseph, * Alt Kemnitz 30.8.1873
7. Carl Theodor, * Alt Kemnitz 11.10.1874

Leopoldina Seraphika bringt als "Dienstmädchen" am 27. April 1892 in ihrer Dresdener Wohnung an der Ziegelstraße 50 II "vormittags um ein halb vier" den Sohn Karl Theodor Leopold zur Welt. Am 18.9.1902 heiratet sie in Schweidnitz den am 5.4.1870 in Kamnig geborenen Kaufmann Paul Conrad N e u m a n n. Zwei der drei Töchter aus dieser Verbindung werden bereits vor der Heirat geboren:

1. Elfrieda, * Schweidnitz 22.3.1898, †Schwedt (Oder) 14.4.1986, war Dentistin von Beruf und mit dem Kaufmann Johann Karl M a s k o s (* Deutsch Würbitz 27.11.1894, † Schwedt 22.2.1984) verheiratet. M a s k o s brachte aus erster Ehe den Sohn Peter mit, der in den siebziger Jahren in Nicaragua verschollen sein soll.
2. Erna Marie, * Hirschfelde, Kr. Zittau, 21.10.1900, war Köchin in einem Hotel an der Herzog-Julius-Straße in Bad Harzburg. Sie starb unverheiratet am 5.6.1980 in ihrer Wohnung in der Reischauerstraße 19.
3. Seraphika Emma, * Schweidnitz 1.6.1903, heiratete am 9.4.1932 in Berlin den am 31.12.1901 in Berlin geborenen Buchhalter William Karl Friedrich Theodor F l i t t e r, der am 28.5.1991 in Berlin starb. Einziger Sohn ist der am 18.3.1934 in Berlin geborene Dieter.
Karl Theodor Leopold Beck heiratete am 22.10.1923 in Schwammelwitz, Kreis Neisse, meine Großmutter
Rosalia Rupprecht, geboren in Baitzen, Kreis Frankenstein, als Tochter des Bauern Joseph Rupprecht und seiner zweiten Frau Ernestine Otte. Karl B e c k starb am 14.12.1972 in Dormagen-Straberg, Kreis Neuss, Rosalie B e c k starb am 1.8.1995 ebenfalls in Straberg. Die in Schwammelwitz geborenen Kinder waren meine am 4.1.1925 geborene Mutter Erna Rosa Hedwig, verh. in Einbeck am 4.1.1947 mit dem Volksschullehrer Rudolf Johann Schadnik (* Sternberg/Mähren 29.2.1924, † Dormagen 9.5.1972) und der am 11.8.1932 geborene Erhard Karl Josef.

Von den meisten der sechs Geschwister Leopoldina Seraphikas ist relativ wenig bekannt:

Marie Ernestine Amalie war mit dem Bahnbeamten August N e u m a n n verheiratet und hatte eine Tochter namens Elisabeth, die später bei ihrer Tante Amalie M ü n i c h in Peiskretscham Hausmädchen war, bevor sie ihren Ehemann namens Steuer heiratete.
Leopold Heinrich war in Sachsen ansässig, verheiratet und hatte mehrere Kinder.
Robert Paul Oskar heiratete 1894 in Schmiedeberg und war nach seiner Scheidung zuletzt wohnhaft in der Hamburg-Uhlenhorster Schumannstraße. Er verunglückte am 2.5.1955 tödlich. Über seine beiden Töchter Olga und Elisabeth ist mir nichts näheres bekannt.
Amalia Emma Hedwig war mit dem Fleischermeister Ernst M ü n i c h verheiratet und lebte in Peiskretscham.
Emanuel Josef heiratete als Postbeamter in Görlitz am 15 5.1900 die Ida Bertha Alma Margarethe S c h r a m m, die am 24.9.1878 in Glogau als Tochter des Polizeisergeanten Johann Gottlob S c h r a m m und seiner Frau Bertha, geb. R e n n e r geboren worden war. Er war schon vor dem I. Weltkrieg in der Hamburger Vereinsstraße 44 ansässig. Sein Sohn, der Werkzeugmacher Gerhard Karl Emanuel ist am 9.5.1903 in Schleife, Kreis Rothenburg (Oberlausitz) geboren und war zuletzt ebenfalls in der Vereinsstraße 44 ansässig. Er starb am 29.11.1974 in Hamburg-Eimsbüttel.
Carl Theodor war mit Gertrud S c h r a m m verheiratet und ist in Ebersbach in Sachsen gestorben. Er hatte einen Sohn und eine Tochter.

Ein weiterer Sohn G a n c z a r s k y s aus der Ehe mit Maria V o r (r) e i t e r ist der 1813 geborene Johann. Wie seine Brüder Förster von Beruf, stand er wohl in Staatsdiensten, da er in den Kirchenbüchern als "königlicher" Förster bezeichnet wird. Im Kirchenbuch des zur Pfarrei Gieraltowitz bei Gleiwitz gehörigen Dorfes Chutow finden wir zwischen 1854 und 1860 die Geburtseintragungen von fünf Kindern aus der Ehe mit Florentine A l e x a n d e r.

1. Marie Anna, * Chutow 31.1.1854 (Taufpaten: Julius Ganczarski, Marie Albers)
2. Valesca Clara, * Chutow 24.4.1855 (Taufpaten: Anton Gemander, Grundherr aus Belk, Barbara Albers, Oberförsterin aus Bujakow)
3. Emil Bernhard, * Chutow 14.5.1857 (Taufpaten: Bernhard Albers, Oberförster, Pauline Eisenecker)
4. Hugo Johann, * Chutow 10.3.1859 (Taufpaten: Bernhard Albers, Oberförster, Marie Graetzel)
5. Emma, * Chutow 15.12.1860 (Taufpaten: Carl Kretzel, Marie Kretzel)

Im Kirchenbuch von Pudewitz, Provinz Posen, wohin Johann dienstlich versetzt wurde, finden sich die Einträge zweier weiterer Töchter:

6. Helena Michalina, * Forsthaus Promno 24.10.1869 (Taufpaten: Adam Grabezewski, Michalina Borowka)
7. Anna Johanna, * Forsthaus Promno 14.4.1873 (Taufpaten: Josephus Skubiczynski, Apollonia Wenzelius)

Johanns älteste Tochter Marie war Pflegerin ihrer Tante Ernestine Polednik bis zu deren Tod am 26.8.1880. Sie ist die einzige aus der Ganczarski-Verwandtschaft, die von Joseph Polednik mit einer Erbschaft bedacht wurde. In der Urfassung seines Testaments hatte Polednik eine Summe von 6300 Taler unter 25 Nachkommen seiner Schwestern Marianne Marek, Franciska Banik und die 12 Enkelkinder seines verstorbenen Halbbruders Mathäus Goldmann mit den Namen Goldmann, von Manowski und Moritz verteilt.

In einem Zusatz vom 7.3.1880 bestimmte Polednik nachträglich,

daß die Marie Ganczarski, Tochter des Königlichen Försters Johann Ganczarski wegen ihres mehrjährigen sehr beschwerlichen Dienstes als Krankenwärterin meiner Frau als Nachschuß zu ihrem gehabten geringen Lohn bald nach meinem Ableben Dreihundert Mark aus meinem Vermögen ausgezahlt erhält.- Ich hoffe, daß meine Frau größere Erkenntlichkeit üben wird.

Für Marie ist die Zeit als Pflegerin bei der "Tante Polednik" ein prägender Lebensabschnitt geworden, aus dem sie in späteren Jahren häufig ihren Kindern und Enkelkindern berichtet hat. Sie war die einzige Person, die von Ernestine Polednik in den letzten Lebensjahren noch in ihrer nächsten Umgebung geduldet wurde. Enkelsohn Herbert Ganczarsky erinnerte sich zeit seines Lebens, wie ihm die Großmutter mit einem Erlebnis aus dieser Zeit den Wert der Ehrlichkeit illustrierte:

Die bettlägerige Tante habe sich ständig mit Säckchen voll von Goldmünzen umgeben, deren Inhalt sie wieder und wieder nachzählte. Eines Tages entdeckte Marie eine Münze unter dem Bett der Alten. Sie hob sie auf und reichte sie der Tante. Diese nahm sie entgegen mit den Worten: Ich wußte, daß eine Münze fehlt. Ich dachte schon, ich muß hier jemanden auspeitschen lassen!

Nach dem Tod Ernestines heiratete Marie am 7.2.1882 in Lissek ein Mitglied der Loslauer Ganczarsky-Familie, den am 6.1.1854 in Loslau geborenen Wilhelm Franz Ganczarsky, Sohn des Kaufmanns Wenzel Ganczarsky und seiner Ehefrau Marianne Roesch. Sie verschwägerten damit zwei Ganczarski/y-Sippen, für die eine gemeinsame Wurzel nachgewiesen ist. Aus dem am 20. Januar 1882 vom Pfarrer in Lissek erstelllten Ehedispens bezüglich der jeweiligen Abstammung "in III. grado pro Gulielmo Ganczarski e Loslau et Maria Ganczarski, in Lissek als Nichte d. Rittg. bes. aus Lissek u. Neudorf Jos. Ben. Polednik, geboren zu Chutow, Kreis Rybnik, Tochter des Försters Johann Gancz. u. d. Florentina Alexander, welcher gegenwärtig sich in Promno in Groß Posen befindet", ist zu entnehmen, dass die Brautleute in dem Bezirksförster Johannes Ganczarski und dessen Ehefrau Marianna Kaliwoda dieselben Urgroßeltern besaßen.

Wilhelm betrieb in Loslau lange ein florierendes Geschäft mit Baumaterialien. Der in Emden lebende Enkel Herbert erinnerte sich noch im späten Alter beider Großeltern als angenehme und liebevolle Menschen, die er immer gerne in den Schulferien besucht hat, auch dann noch, als dieser Teil des Kreises Rybnik nach 1921 zu Polen gehörte und für den Besuch eine Staatsgrenze überschritten werden mußte. Kinder sind Eduard, der als Justizangestellter an der Ratiborer Magdalenenstraße wohnte und mit Else Wazik verheiratet war, und Julia (*1890), verheiratet mit Emil Wieck.

Über den weiteren Lebensweg der Schwestern Maries ist nichts bekannt. Mehr wissen wir über die Brüder. Emil Bernhard heiratete am 21.8.1882 in Laurahütte, Kr. Kattowitz, wo er als Maschinenwärter beschäftigt war, die am 3.4.1858 als Tochter des Schmelzers Johann Rudka und seiner Frau Franziska Niewidok geborene Catharina Rudka. Er starb am 8.2.1936 in Laurahütte.

Der Ehe entstammen vier Kinder:

1. Marie Julie, * Laurahütte 1.2.1886
2. Hedwig
3. Georg Johann, * Laurahütte 27.5.1889
4. Gertrud, * 1896, † 1995

Marie Julie heiratete am 5.2.1923 in Laurahütte-Siemianowitz den am 24.6.1885 in Ptakowitz (als Sohn des Brennereiverwalters Adolf Ast und seiner Frau Marie Tunk) geborenen Grenzzoll-Angestellten Felix Adolf Ast. Am 5.2.1924 kam die einzige Tochter Johanna Gertrud zur Welt.

Maries Schwester Hedwig heiratete einen Bruder Adolf Asts, mit dem sie zwei Kinder hatte, den am 10.8.1916 in Knurow geborenen Hubert und die Tochter Käthe. Hubert kam als Soldat nicht aus dem Krieg nach Hause und galt lange als vermißt. Erst im Jahre 1997 erfuhr das Deutsche Rote Kreuz aus russischen Quellen, daß er am 24.1.1946 als Kriegsgefangener bei Molotow gestorben ist.

Georg Johann Ganczarski lebte und arbeitete als Rechnungsführer des Hüttenwerks in Königshütte, wo er am 2.9.1944 starb. Verheiratet war er mit Anna Zwadlo. Einziger Sohn ist der Automechaniker Karl Ganczarski, der heute mit seiner Ehefrau Marta (geb. Kulik) in Steinenbronn als Rentner lebt. Ich verdanke Karl Ganczarski, der familiengeschichtlich sehr interessiert ist, einen wichtigen Teil der Materialien für diese Familiengeschichte. Im August 1998 trafen wir uns in Rybnik und gingen gemeinsam den Spuren unserer Vorfahren nach.

Hugo Johann Ganczarsky, der sich entgegen den sonstigen Gewohnheiten der Lisseker Nachkommen mit "y" schreibt, ergreift den Beruf von Vater, Onkel und Großvater und wird Förster. Aus einem handgeschriebenen Lebenslauf, den er im Jahre 1885 verfaßt, gewinnen wir einen guten Einblick über seine bis dahin durchlaufenen Ausbildungs- und Berufsstationen:

Am 10ten März 1859 wurde ich, Hugo Johann, Sohn des Königlichen Försters Johann Ganczarsky zu Forsthaus Hudof Kreis Beuthen Regierungs=Bezirk Oppeln O/Schs geboren. Nach einigen Versetzungen von Hudof wurde mein Vater nach Forsthaus Krummfließ Reg. Bez. Posen versetzt.
Von meinem siebenten Lebensjahre bis zur Kommunion, (welche durch den katholischen Pfarrer Herrn Budas zu Pudewitz, im Jahre 1873 erfolgte) besuchte ich die dörfliche Elementarschule zu Promno, alsdann die Stadtschule zu Pudewitz und endlich die Schule zur Vorbereitung für höhere Schulen daselbst, in welcher ich von dem Kandidaten der Theologie Herrn Scholz unterrichtet wurde.
Als ich das siebzehnte Lebensjahr beendete und große Liebe zum Forstfach hatte, gaben meine Eltern meinem Wunsche nach und vertrauten meine erste Ausbildung dem Königlichen Oberförster Herrn Störig in der Oberförsterei Grünheide Kreis Obornik Reg. Bez. Posen an. Bei demselben stand ich als Lehrling vom 1ten October 1875 bis zum 1ten October 1977.
Als zur Zeit p. Störig versetzt wurde, lernte ich bei seinem Amtsnachfolger, dem Königlichen Oberförster Herrn von Schuchmann bis zum 23ten October 1878. Am 24ten October 1878 wurde ich zum Militair beordert und trat bei der 3ten Komp. des Forsten-Schutz-Bataillons in Berlin ein. Bei demselben wurde ich zum Gefreiten befördert.
Während meiner vierjährigen Dienstzeit war ich sieben Monate lang, vom 5ten October 1881 bis zum 1ten May 1882 in den Forstdienst kommandiert. Alsdann diente ich wiederum bis zum 19ten September 1882 beim Bataillon. Seid dieser Zeit habe ich bis zum 1ten Januar 1885 in der Königlichen Oberförsterei Hardehausen, Reg.-Bez. Minden, den Forst- und Jagdschutz ausgeübt, außerdem Förstergeschäfte im Kleinenberger Kommunal Wald versehen. Vom 1ten Januar 1885 verwalte ich den Gräflich zu Stolberg-Stolberg´schen Forst.

Im Jahre 1885 bewirbt er sich bei der Gemeinde Freienohl bei Meschede im heutigen Hochsauerlandkreis mit folgendem Schreiben:

Borlinghausen bei Bonenburg, den 20.II.85
(:Westfalen:)

Euer Wohlgeboren erlaube ich mir gehorsamst mitzuteilen, daß ich aus der "Deutschen Jagd=Zeitung" ersehen habe, daß die Meldungen auf die dortige Försterstelle bis zum 15ten Januar 1886 eingereicht werden, so erlaube ich mir ganz gehorsamst, Euer Wohlgeboren zu bitten auf mich geneigtest reflektieren zu wollen.

Meine Papiere bin ich auf Euer Wohlgeboren Erfordern vorzulegen bereit.

Ganczarsky
Gräfl. Förster
(: früher Königl. Forstaufseher:)

Am 8. 6.1886 heiratet Hugo in Löwen bei Willebadessen die Wirtschafterin Anna Maria Klöpper aus Borlinghausen. Anna Maria ist am 24.1.1845 als Tochter des Ackermanns Heinrich Klöpper und seiner Frau Amalia Bauermeister in Achtum bei Hildesheim geboren und mithin 14 Jahre älter als ihr 27jähriger Ehemann. Spätestens im Juli ziehen beide nach Freienohl und richten sich ihr neues Zuhause im Försterhaus der Gemeinde ein.

Das Auftragsbuch des örtlichen Schreinermeisters Carl Feldmann gibt Auskunft über die Renovierungsarbeiten und ersten Möbelan-schaffungen des Paares. Im Juli 1886 bestellen sie unter anderem einen Küchenschrank (30 Mark) und einen Kleiderschrank (45 Mark) sowie Küchenleisten, Gardinenhalter und andere Teile für insgesamt 105, 30 Mark und im September lassen sie sich für insgesamt 32,19 Mark eine Bretterwand mit Tür und Fußleisten (26,25 Mark) einbauen, die Wände mit sieben Rollen Tapeten tapezieren sowie acht Meter Fußleisten weiß streichen.

Die einzige Tochter Maria Florentine Anna Amalie kommt am 13. 4.1891 zur Welt.

Im Freienohler Vereinsleben zeigt Hugo Engagement. Aus einem geschichtlichen Rückblick des Freienohler Musikvereins erfahren wir: "Nachdem Pfarrer Falter seiner Kirchengemeinde die Absicht über die Gründung eines Musikvereins von der Kanzel aus bekannt gemacht hatte, fanden sich schon bald einige musikbegeisterte Männer. Unter Ihnen auch der damalige Förster Ganczarsky, der schon mit dem Jagdhorn Jagdsignale blasen konnte. Er wurde der erste Kapellmeister."

Am 21. 9. 1903 genehmigt der Regierungspräsident in Arnsberg den Beschluß der Gemeindevertretung von Freienohl, "wonach das pensionsfähige Gehalt des Gemeinde-Försters Ganczarsky vom 1. Oktober 1903 ab 1600 Mark nebst 300 Mark Mietsentschädigung, zusammen also 1900 Mark betragen soll". Drei Monate später beantragt Ganczarsky, "mich zum 20. Februar 1904 aus dem Dienste zu entlassen und das Weitere wegen meiner Pensionierung zu veranlassen".

Wahrscheinlich ist Hugo nach seiner Pensionierung aus dem Sauerland nach Oberschlesien zurückgekehrt, denn es ist bekannt, daß er Ende der zwanziger Jahre in Lissek gestorben ist, nachdem er lange Jahre zurückgezogen in einem Häuschen mitten im Wald gelebt hatte. Sicher meint Musiol ihn, wenn er schreibt: "Ciekawe Ÿe w r. 1926 leœniczym na tym maj¹tku lyseckim by³ jakiœ Ganczarski, potomek leœniczego Ganczarskiego sprzed wieku".

Am 23.11.1914 heiratet die Tochter Maria den am 30.9.1885 in Neustadt O/S als Sohn des Josef Emanuel Kuppke und seiner Frau Anna Franziska Heisig geborenen Obersekretär Bruno Josef Paul Kuppke. Sie stirbt am 2. 8.1964 in Altenkessel (Saarland).

Dieser Ehe entstammen zwei Kinder: die am 25.6.1916 in Oderberg-Schönichel geborene Johanna Anna Marta, die mit Albert Hasenstein verheiratet war und zuletzt in Völklingen lebte und der am 14.1.1915 geborene Sohn Kurt, der wie sein Großvater Hugo in den Forstdienst trat, zuerst in Neisse Oberförster war und nach dem Krieg bis zu seinem frühen Tode in den sechziger Jahren ein unmittelbar an der französischen Grenze gelegenes Revier im Völklinger Ortsteil Lauterbach betreute. Seine einzige Tochter aus der Ehe mit seiner aus Metz im Elsaß stammenden Ehefrau Marthe starb früh.

Ein Sohn der Hasensteins Prof. Dr. Karl-Heinz Hasenstein, ist Weltraumbiologe an der University of Louisiana at Lafayette. Vor einigen Jahren ging sein Name durch die amerikanischen Zeitungen, als der Absturz der Weltraumfähre Columbia am 1.3.2003 eine zehnjährige wissenschaftliche Vorarbeit für ein Experiment vernichtete, in dem das ohne Schwerkraft orientierungslose Wachstum von Pflanzenkeimlingen unter den an Bord des Raumschiffs herrschenden Bedingungen der Schwerelosigkeit durch magnetische Felder beeinflusst werden sollte.

Vier der Kinder J o s e p h G a n c z a r s k y s aus der Ehe mit seiner zweiten Frau F r a n c i s c a G la t z e l sterben in jungen Jahren. Nur vier erleben das Erwachsenenalter, drei gehen Ehen ein.

Von Maria wissen wir, daß sie einen Lehrer namens Vogt heiratete.

Von Helena finden wir eine erste Spur in den Lisseker Kirchenbucheintragungen des Jahres 1848, wo sie am 25. Juli als "Fräulein aus Lissek" zusammen mit dem "Unteroffizier vom 23. Infanterieregiment" Carl Wedekind als Taufpatin der Josepha, Tochter des Einliegers Franz Protzek und seiner Frau Ludwina Franosch erscheint.

Vier Jahre später finden wir sie in Nikolai, Kreis Pless, als zweite Ehefrau des Schichtmeisters Carl Eisenecker. Als Sohn des Ignatz Eisenecker hatte Carl am 15.5.1848 die 24jährige Frani Abrahamczyk, Tochter des verstorbenen Anton Abrahamczyk, geheiratet. Am 28.2.1849 war der Sohn Carl Anton zur Welt gekommen. Wenige Tage danach starb die Mutter am 8.3.1849.

Die Heirat mit Helena Ganczarski fand am 21. 4. 1850 in Lissek statt. Das Kirchenbuch von Nikolai nennt uns 10 Kinder, die aus der Ehe hervorgingen:

1. Eduard, *19.11.1852 (Taufpate: Thomas Eisenecker), †7.3.1854
2. Georg Aeneas, * 18.4.1854 (Taufpaten: Thomas Eisenecker, Pauline Ganczarski)
3. Anna Margaretha, * 12.7.1856 (Taufpaten: Thomas Eisenecker, Pauline Ganczarski)
4. Agnes Pauline, * 12.1.1859 (Taufpaten: Carl Ganczarski, Maria Eisenecker)
5. / 6. Zwillinge, totgeboren 3.1.1860
7. Wilhelm Edmund, * 17.5.1861 (Taufpaten: Thomas Michalski, Emilie Eisenecker) †14.8.1861
8. Francisca Clara, * 15.2.1863 (Taufpaten: Thomas Skrzipczyk, Pauline Eisenecker)
9. Clara Helena, * 7.7.1864 (Taufpaten: Thomas Witalinski, Maria Eisenecker)
10. Martha Johanna Francisca.*
5.8.1866 (Taupaten: Thomas Eisenecker, Maria Eisenecker)

Nach einer im Jahre 1941 zusammengestellten Stammtafel der Familie Eisenecker stellt sich die Nachkommenschaft Carls wie folgt dar:

1. Karl, Dr. Jur, aus der Ehe mit Fanny Abrahamczyk stammend, ist von Beruf Staatsanwalt und stirbt am 6.5.1884 in Braunfels.
2. Marie, * 19.7.1851 in Nicolai, † 13.10. 1879 in Strehlen, verh. 18.8.1874 mit Dr. Pietrulla, Arzt in Strehlen.
3. Georg, Justizoberinspektor in Marklissa, † 8.3.1925 in Marklissa.
4. Anna, verheiratet mit dem Bergwerksverwalter Dittrich in Indisch Holland, lebten zuletzt in Straßburg. Kinder: Max Dittrich, Direktor Berlin, Fritz Dittrich, Direktor, Berlin, Hedel Dittrich, verh. mit dem Residenten Eduard Verbeke, früher Sumatra, danach Holland.
5. Agnes, verheiratet mit dem Kaufmann Anton Novarra, Warschau.
6. Klara, + 23.6.1924, verh. in Zabrze mit Eugen Kutzer, Hubertushütte, Beuthen. Tochter: Helene, ver. Wassmann, Breslau, Wassergasse.
7. Martha, lebt in Marklissa

Helenas jüngere Schwester Pauline heiratet am 2.9.1856 Carls Bruder, den 32jährigen Thomas Eisenecker ( Trauzeugen: Joseph Dembczak , Schullehrer Vogt). Das Kirchenbuch nennt sechs Kinder:

1. Hedwig Francisca, * 29.10.1857 (Taufpaten: H. Präb. Gremza, Maria Eisenecker)
2. / 3. Zwillinge Robert und Francisca, * 5.9.1859 (Taufpaten: H. Preb. Giemsa, Maria Eisenecker)
4. Margarethe Pauline, * 8.7.1861 (Taufpaten: Hermann Eisenecker, Maria Eisenecker) † 12.5.1864
5. Elisabeth Cecylia. * 22.11.1863 (Taufpaten: Carl Eisenecker, Maria Eisenecker)
6. Pauline Francisca, * 25.1.1866 (Taufpaten: Carl Eisenecker, Maria Eisenecker)

Die Eisenecker-Stammtafel von 1941 stellt die Nachkommenschaft des Paares wie folgt dar:

1. Hedwig, verh. mit Melchior Danner, † in Kattowitz. Kinder: Grete, verh. mit dem Direktor der Elektr. Werke in Oslo, Lars Uckermann. Paula, * 20.8.1883, verh. mit dem Architekten Georg Zillmann, Berlin
2. Robert,* 6.9.1859, †16.5.1909 in Königshütte, Kinder: Hedwig, Helene, Marie, Frieda.
3. Paula
4. Theresia, † 29.9.1911 (?) In Breslau, verh. am 6.9.1892 mit dem Städt. Direktor Gustav Wendt. Kinder: Herbert, Hertha, Ruth.
5. Anton, † Januar 1941 in Gleiwitz, verh. mit Angela Pogczeba (?) Aus Königshütte. Kinder: Brigitte und Albert.

Eine von der Enkelin Helene Baeßler, geb. Eisenecker, zwischen 1935 und 1945 verfasste Familienchronik gibt ein plastisches Bild der Großeltern Thomas und Pauline Eisenecker wieder: Der Großvater, der Ratsherr und Großgrundbesitzer war, "wohnte in Nikolai. Wir besuchten ihn hie oder da und ich erinnere mich, daß ich auf den Knien des bärtigen, freundlichen Mannes saß und mit Eifer seine vielen Stempel auf einen großen Bogen weißes Papier drückte. Auch an meine Großmutter, Paula von Ganczarski aus hochpolnischem Adelsgeschlecht, kann ich mich schwach erinnern, an ihr rundes, überaus gütiges Gesicht, und an ihre Beerdigung, streng nach katholischem Ritus..."

Es ist interessant, daß eine Schwester der Brüder Eisenecker, nämlich die 1834 geborene Emilie, am 17.8.1858 den 24jährigen Joseph Vorreiter, Sohn des Michael Vorreiter aus Peiskretscham heiratet. Möglicherweise ist der Bauunternehmer ein Mitglied aus der Familie der ersten Frau Joseph Ganczarskys, Maria Vorreiter. Aus dem Kirchenbuch ist uns als einziges Kind Maria Terezsa bekannt, die am 14.10. 1864 geboren wird, weitere Kinder sollen Hildegard, Martha, Emil, Paul und Hedwig sein.

Zusammen mit Pauline Eisenecker nennt das Nikolaier Kirchenbuch auch einen Wilhelm Vorreiter als Taufpate des am 20.7.1858 geborenen Sohnes Guido Wilhelm von Hermann Eisenecker und Anna Schnitzer.

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß ein weiterer Eisenecker-Bruder, nämlich der Kaufmann August, am 28.10.1856 die Emilie, Tochter des Joseph v. Schweinichen heiratete. Das Kirchenbuch nennt fünf Kinder:

1. Richard F... Ignatz, * 12.12.1858 (Taupaten: Thomas Eisenecker, Maria Degenhardt)
2. Valleria, * 20.9.1960 (Taufpaten: Thomas Srzewinski, Pauline Eisenecker)
3. Maria, * 6.91862 (Taufpaten: Albert Eisenecker, Amalie v. Schweinichen)
4. Oskar Emil, * 11.7.1864 (Taufpaten: Josef Vorreiter, Wianna Thoma)
5. Pelagi Melani Lesbet, * 3.6.1866 (Taufpaten: Thomas Eisenecker, Amalie v. Schweinichen)

August Eisenecker soll um die Jahrhundertwende als "millionenschwerer Seifenfabrikant in Hamburg" ansässig gewesen sein. Die Nachkommenschaft des ältesten Sohnes Richard läßt sich nach Düsseldorf verfolgen. Ein Enkel seines Sohnes Oskar Emil ist der im November 2003 verstorbene Rechtsanwalt Dr. Hans-Günter Eisenecker, der als NPD-Parteivorsitzender und Strafverteidiger für Täter mit rechtsradikalem Hintergrund bundesweit bekannt geworden war.

Die Schwestern der Emilie v. Schweinichen heirateten übrigens in weitere angesehene Nikolaier Familien ein. So sind Franziska v. Schweinichen mit Joseph Reisner, Julie v. Schweinichen mit dem Kaufmann Rudolf Thoma, Amalia v. Schweinichen mit dem Oberförster Sylvester Huß und Marie v. Schweinichen mit dem Seifensieder Leopold Degenhardt verheiratet.

Über (Pauline Ganczarskis älteste Tochter) Hedwig Eisenecker und die Nachkommenschaft ihrer Tochter Margarethe gibt eine Ahnen- und Nachkommenliste der norwegischen Familie Uchermann detaillierte Auskunft:

Hedwig Eisenecker was born 29 Oct 1854 in Oberschlesien, and died 10 Jan 1919 in Kattowitz. She married Melchor Danner.

Children of Hedwig Eisenecker and Melchor Danner are:

Margarethe Danner, b. 05 May 1883, Charlay Przowitz bei Beuten, Ober-Schlesien, d. 02 Dec 1958, Oslo.

Margarethe Danner (daughter of Melchor Danner and Hedwig Eisenecker) was born 05 May 1883 in Charlay Przowitz bei Beuten, Ober-Schlesien, and died 02 Dec 1958 in Oslo. She married Lars Christian Uchermann, son of August Wilhelm Uchermann.

Children of Margarethe Danner and Lars Christian Uchermann are:
Hedwig Eisenecker Uchermann, b. 21 Mar 1920, Lysaker i Bærum.
Laura Christine (Tøtta) Uchermann, b. 19 Sep 1921, Noatun i Vestre Aker.
August Wilhelm Uchermann, b. 25 Apr 1924, hjemmet Noatun, Vestre Aker, d. 10 Dec 1964, Kungsbacka, Sverige.

Hedwig Eisenecker Uchermann (daughter of Lars Christian Uchermann and Margarethe Danner) was born 21 Mar 1920 in Lysaker i Bærum. She married Claude Lillingston Wiese, son of Kristian Bonning Uchermann Wiese and Alfhild Dahl.

Notes for Hedwig Eisenecker Uchermann: Gift i Ullern Kirke med sivilingenior Claude Lillington Wiese, hennes firmenning. Efterfolgende stor byllupsfest på Ciro i Oslo 18.6.1954 .

Children of Hedwig Eisenecker Uchermann and Claude Lillingston Wiese are:
Lars Christian Uchermann Wiese, b. 09 Apr 1955, Oslo.
Inger Johanne Wiese, b. 05 Sep 1957, Oslo.
Margarete Uchermann Wiese, b. 08 Jan 1961, Oslo.

Laura Christine (Tøtta) Uchermann (daughter of Lars Christian Uchermann and Margarethe Danner) was born 19 Sep 1921 in Noatun i Vestre Aker. She married Per Rudolf Jaenchy Myhre, son of Rudolf Myhre and Ukjent.

Children of Laura Christine (Tøtta) Uchermann and Per Rudolf Jaenchy Myhre are:
Annik Margrete Myhre, b. 16 Nov 1951, Røa, Vestre Aker i Oslo.
Eva Christine Myhre, b. 01 Jan 1954, Røa, Vestre Aker i Oslo, d. 1969, Oslo.

August Wilhelm Uchermann (son of Lars Christian Uchermann and Margarethe Danner) was born 25 Apr 1924 in hjemmet Noatun, Vestre Aker, and died 10 Dec 1964 in Kungsbacka, Sverige. He married Anna Christine (Bette Lone) Madsen, daughter of Madsen and Ukjent.

Georg Zillmann, Ehemann von Pauline Eiseneckers Enkelin Paula Danner, war ein in Berlin-Charlottenburg ansässiger Architekt, der zusammen mit seinem Bruder Emil vor allem in Oberschlesien bemerkenswerte Bauten errichtete. Zu den bekanntesten gehört der 1908 begonnene und mittlerweile denkmalgeschützte Komplex des Kattowitzer Arbeiterviertels Nikiszowiec, das heute europaweit zu den am besten erhaltenen Bergarbeitersiedlungen des frühen 20. Jahrhunderts zählt.

Joseph Ganczarskys jüngster Sohn Robert erbte nach dem Willen des Vaters noch als Minderjähriger das Lisseker Freigut, das er aufgrund des väterlichen Testaments für 1000 Thaler übernahm. Nach seinem frühen Tod ging das Gut 1864 an seine Geschwister Helene Eisenecker, Marie Vogt, Pauline Eisenecker und Carl Ganczarski zu je einem Viertel über. Laut Müntzberg erwarb Joseph Polednik "am 30. August 1864 den Antheil des Carl für 875 Thaler und am 14. October 1864 die Antheile der Geschwister Helene, Marie und Pauline für 2625 Thaler und ließ die Stelle seiner Besitzung Nr. 67 Lissek am 6. November 1866 zuschreiben."

Die Ganczarski aus Loslau

Das älteste in den Kirchenbüchern zu findende Mitglied der Loslauer Familie ist der Schuhmacher Anton Ganciarsky. Wie wir erst seit kurzem wissen, ist auch er ein Sohn des Bezirksförsters Johannes Ganczarski und seiner Ehefrau Marianna Kaliwoda und somit ein Bruder meines Alturgroßvaters Joseph Ganczarsky. Die Schreibweise Ganciarsky verwendet nur das Loslauer Kirchenbuch, im Gegensatz zu zeitgleichen Ganczarsky-Eintragungen im Kirchenbuch von Pschow (nach Einführung der Standesämter um 1875 ist die Schreibweise Ganczarski häufiger als Ganczarsky). Anton stirbt am 25.3.1861 in Loslau im Alter von 85 Jahren, dürfte also im Jahre 1776 geboren sein. Laut Kirchenbuch hinterlässt er "vier majorene Söhne: Joseph, Anton, Franz und Wenzel". Seine Frau, die geborene Eva Opolsky, stirbt am 14.7.1842 im Alter von 63 Jahren, ist also wohl im Jahre 1779 geboren.

Im Gegensatz zu den Ganczarski, die keine alteingesessene Loslauer Familie zu sein scheinen, finden wir dagegen die Namen Anton und Johann Oppolski schon in einem Verzeichnis der Hausbesitzer und Bürger der Stadt Loslau für das Jahr 1734.

Die Lebensdaten der vier Söhne gehen aus den verfügbaren Kirchenbüchern nicht hervor, immerhin nennt es die Berufe der Söhne: Joseph und Anton sind Bäcker, Franz ist Gerichtsschreiber und Wenzel wird 1851 als Weber, 1854 als Postbriefträger und Viktualienhändler und ab 1860 ausschließlich als Viktualienhändler bezeichnet.

Die beiden Bäcker unterliegen wie offenbar alle Bäcker und Fleischer des Kreises regelmäßiger Qualitätskontrolle durch das "Landrathsamt", das seine Bewertungen überdies im Rybniker Kreisblatt regelmäßig veröffentlicht. So erfahren die Leser im Juli 1842, dass Joseph Ganczarsky "im verflossenen Vierteljahre" die "schönste Semmel" in Loslau hatte, im II. Quartal 1843 aber die schlechteste und "theuerste" und auch im IV. Quartal 1843 die "schlechteste, schwerste und billigste". Im ersten Quartal 1844 dagegen hatte er das "schönste Brod", das schwerste dagegen Anton, das leichteste wieder Joseph und die schwerste und billigste Semmel Anton Ganczarsky. Im zweiten Quartal wieder hatte Anton das "schlechteste" sowie das "leichteste und theuerste" Brot, im dritten Quartal das "schönste und billigste Brod", dafür Joseph Ganczarski die "schönste und billigste Semmel", im vierten Quartal 1944 hatte Anton Ganczarski wieder das "schönste und billigste Brod" und Joseph diesmal die "schönste und billigste Semmel". Auch aus dem I. Quartal 1846 erfahren wir, dass Anton die schönste, Joseph "die leichteste und theuerste Semmel", dafür aber im II. Quartal das "schönste Brod" und Anton wiederum im dritten Quartal 1846 das schwerste und auch billigste "Brodt" im Ladenregal hatte.

Joseph ist mit Catherina Bruzdeczko verheiratet. Bei der Geburt seiner Tochter Rosalia im Jahre 1860 nennt das Kirchenbuch Josepha Parma als Mutter. Insgesamt sind die Geburten von sieben Kindern verzeichnet:

  1. Alexander,*29.10.1840
  2. Wenzel, *20.9.1842 (Taufpaten; Simon Kubitza, Weber, Johann Pokorny),† 4.4.1843
  3. Constant, *13.3.1844 (Taufpaten: Alois Pokorny, Weber, Francisca Malhurcik)
  4. Marie,* 9.7.1846 (Taufpaten: Simon Kubitza, Johanna Pokorny)
  5. Ignatz Oswald, *31.7.1850 (Taufpaten: Alois Pokorny, Weber, Francisca Kubitza)
  6. Rosalia, *3.9.1860 (Taufpaten: Anton Ganciarsky, Auszügler, Francisca Kubitza)
  7. Josefa, * und †16.12.1863 (Nottaufe durch Hebamme, Taufpaten: Albert Szyrba, Einlieger, Francisca Kubitza)

Alexander Ganczarsky erlernt den Beruf des Tischlers und heiratet am 13.5.1867 die am 28.8.1846 geborene Auguste Urbanek, Tochter des Schuhmachers Philipp Urbanek. Er lässt sich in Laurahütte nieder und eröffnet ein Sarg- und Möbelgeschäft, das später von seinem Sohn Max weitergeführt und zu einem Beerdigungsinstitut erweitert wird. Er stirbt am 24.11.1922 in Laurahütte, lange nach dem Tod seiner Frau am 26.7.1909. Kinder sind Maximilian, Viktor, Hugo und Richard.

Alexanders Sohn, Maximilian Karl Ganczarski (die Namensendung wandelt sich hier vom -y zum -i) wird am 3.11.1878 in Laurahütte geboren. Am 3.5.1904 heiratet er in Laurahütte die am 17.5.1881 in Ober Heiduk geborene Angela Julie Stollarsky. Er fällt im Verlauf des 1. Weltkriegs am 31.7.1916 im nordfranzösischen Guillemont. Kinder sind:

  1. Karl Anton, Musiker, Polizeibeamter und Finanzangestellter
    *Laurahütte 4.2.1905
    †Altdorf b. Nürnberg 7.2.1984
    oo 5.2.1933 Hildegard Niesporek
    *Eichenau O/S 25.12.1909
    †Neumarkt Opf. 2.12.1993
    eine Tochter und ein Sohn
  2. Helene Hedwig
    *Laurahütte 12.10.1906
    †Essen 14.1.1984
    oo Felix Cichon
  3. Scholastika Katharina
    *Laurahütte 30.4.1910
    †23.11.1975
    oo Roman Dworaczek
  4. Annemarie Elisabeth
    *Laurahütte 1.5.1916
    †Krakau 15.12.1999
    oo Paul Sobczyk

Alexanders Sohn Viktor, geboren am 21.8.1874 wird 1903 zum Priester geweiht, ist ab 1909 Kreisvikar in Himmelwitz und stirbt am 13.2.1910 in Meran. Sein Grabstein ist noch heute auf dem Friedhof der Heilig-Kreuz-Kirche von Siemianowice (ehemals Laurahütte) erhalten.

Alexanders Sohn Hugo, geboren am 1.12.1880 in Laurahütte, hatte mit seiner Frau Maria die Kinder Richard (*9.8.1909, †1985), Erna, verh. Salik (*28.6.1914), Margarethe, verh. Klose (*28.12.1918). Sohn Richard betrieb ein Lebensmittelgeschäft.

Kaum zweifelhaft dürfte sein, dass die auf einer polnischsprachigen Namensliste von 1935 als Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr von Siemanowice verzeichneten Namensträger Ganczarski, nämlich Hugon (wohnhaft Ulica Bytomska) und Ryszard (wohnhaft Ulica Pszczelnica), dem von Alexander begründeten Laurahüttener Ganczarski-Zweig zuzurechnen sind. Möglicherweise sind sie mit seinen Söhnen Hugo und Richard identisch.

Von Constant wissen wir nur, dass er am 19.6.1867 die Maria Krzoska heiratete. Ihr Doppelgrab ist die einzige Ganczarski-Begräbnisstätte, die heute noch (1998) unversehrt auf dem Loslauer Friedhof erhalten ist. Die Inschrift lautet:

MARIA i KONSTANTIN
GANCZARSKI
*1.3.1855 *13.3.1844
†22.7.1932 †30.3.1919

Anton, ebenfalls Bäcker von Beruf, ist verheiratet mit Charlotte Powin. Das Loslauer Kirchenbuch verzeichnet bis 1845 die Geburt von drei Kindern:

  1. Wilhelm, *4.1.1842 (Taufpaten: Franz Ganciarsky, Kanzeleigehülfe, Johann Opolsky), † 11.2.1842
  2. Maria, *30.3.1843 (Taufpaten: Franc Ganciarsky, Aktuar, Johanna Opolsky)
  3. Ludwig Ignatz, *24.7.1845 (Taufpaten: Franz Opolsky, Bäcker, Pauline, Ehegattin des Aktuars Ganciarsky)

Nach dem Umzug der Familie in den Nachbarort Pschow verzeichnet das dortige Kirchenbuch fünf weitere Geburten:

  1. Julie Agnes, *13.1.1852 Taufpaten: Franz und Pauline Ganczarsky aus Loslau)
  2. Anna Florentine, *8.6.1854 (Taufpaten: Franz Ganczarsky, Sekretär, Alexandrine Terk aus Loslau)
  3. Antonie Pauline, *13.6.1856 (Taufpaten: Franz Ganczarsky, Aktuar, Alexandrine Terk)
  4. Carl, *16.7.1858 (Taufpaten: Carl Marondel aus Pschow, Pauline Ganczarsky aus Ratibor)
  5. Valesca Hedwig, *4.10.1864 (Taufpaten: Franz Liko aus Pschow, Paula Ganczarsky aus Ratibor)

Von der Tochter Maria wissen wir, dass sie am 28.10.1962 in Pschow den 1839 in Friedeberg bei Mistek in Mähren als Sohn des Johann Janacz und seiner Frau Carola Dworzak geborenen Maler Carl Janacz heiratet. Trauzeugen sind Joseph Kotyrba und Joseph Rzehula. Am 1.2.1864 wird der Sohn Carl Oskar Constantin geboren. Taufpaten sind Oskar Henko, Constantin Ganczarski aus Ratibor und Ernestine Radzok aus Zawada.

Sohn Ludwig Ignatz ist wahrscheinlich mit dem laut Kattowitzer Adressbuch von 1910 an der Andreasstaße 33 ansässigen Kaufmann Ludwig Ganczarski identisch.

Wahrscheinlich stirbt Anton vor 1870. Die Carola Ganczarsky, die am 5.7.1870 als Ehefrau des Häuslers Ignatz Klimek den Sohn Vincent zur Welt bringt, ist sicher mit Antons hinterbleibener Ehefrau Charlotte gleichzusetzen..

Franz ist Gerichtsschreiber und verheiratet mit Pauline Saulich. Das Kirchenbuch nennt die Geburten von sechs Kindern:

  1. Helena Rosalia Pauline, *30.9.1845 (Taufpaten: Herr Apotheker Viktor Wollmann und Frau Rosalia, Herr Hauptmann von Blacha, Frau Wittwer)
  2. Carl Constantin Julius, *4.1.1850 (Taufpaten: Carl Wollmann, Direktor, Frau Apotheker Rosalia Wollmann), †11.12.1850
  3. Bertha Rosalia Anastasia, *5.7.1851 (Taufpaten: Viktor Wollmann, Apotheker, Frau Rosalia Wollmann), †19.11.1852
  4. Maximilian Germann Valentin *26.7.1853 (Taufpaten: Carl Nowack, Glöckner, Marie Schwartzer, Hebamme) s. Kapitel: Der Geistliche Rat Ganczarski.
  5. und Zwillinge Adelheit Eva und Christiane Pauline, *18.12.1854 (Taufpaten:Carl Nowack, Glöckner, Maria Schwartzer, Hebamme)

Ein weiterer Sohn von Franz ist der am 16.1.1849 in Loslau geborene spätere Erzpriester Victor Ganczarski, der, 1873 zum Priester geweiht, u.a. als Schlosskaplan in Schreibersdorf und als Pfarrer in Wissoka (wo er 1894 mit einer ersten Geldsammlung den Neubau der Pfarrkirche initiierte) tätig und zuletzt Pfarrer in Guttentag war, wo er am 4.1.1912 starb. Seine im Jahre 1873 erfolgte Anstellung als Kaplan hatte strafrechtliche Folgen, da sie gegen das im Gefolge des Bismarckschen Kulturkampfes erlassene Gesetz über die Anzeigepflicht vom 11. Mai 1873 verstieß. Ganczarski wurde zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt, die er im Ratiborer Gefämgnis absaß.

Wenzel ist verheiratet mit Marianne Roesch, das Kirchenbuch enthält mit Ausnahme der Paulines die Geburts- bzw. Todeseintragungen von acht der neun uns bekannten Kinder:

  1. Pauline, *(1849)
  2. Constantin, *8.7.1851 (Taufpaten: Constantin Roesch, Kaufmann, Pauline Ganciarsky)
  3. Wilhelm Franz, *6.1.1854 (Taufpaten: Franc Ganciarsky, Aktuar, Sophie Roesch)
  4. Carl, *(1859), † 21.9.1859
  5. Paul, *5.1.1860 (Taufpaten: Constantin Roesch, Kaufmann, Antonie Roesch)
  6. Franz, *13.12.1860 (Taufpaten: Kaufmann Constantin Roesch und Ehefrau Sophie)
  7. Wenzel Conrad, *23.1.1864 (Taufpaten: Kaufmann Constantin Roesch und Ehefrau Sophie)
  8. Julia, *6.9.1865 (Taufpaten: Constantin Roesch, Kaufmann, Julie Erhard aus Ratibor)
  9. Valesca, *26.12.1866 (Taufpaten: Constantin Roesch, Julie Erhard aus Ratibor)

Die älteste Tochter Pauline heiratet am 8.6.1859 in Loslau den 37jährigen Zimmermann Theodor Grabowski aus Groß Rauden. Trauzeugen sind Lehrer Sobel aus Blinkowitz und der Mühlenbesitzer Franz Ucherez aus Loslau. Grabowski ist ein Sohn des Raudener Lehrers Carl Grabowski (Sohn des Dionisius Grabowski) und seiner Frau Caroline Marx (Tochter des Franz Marx), Trauzeuge Sobel ist der Ehemann von Theodors Schwester Ottilie Grabowski. Am 12.1.1879 wird der Sohn Carl Franz Emanuel geboren. Taufpaten sind Lehrer Sobel aus Blinkowitz, Kaufmann Kapitzki aus Ratibor und Frl. Anna Roesch aus Loslau.

Constantin war Gastwirt in Birtultau und 1882 einer der Trauzeugen bei der Eheschließung von Wilhelm Ganczarsky und Maria Ganczarski. Wir wissen, dass er vier Kinder hatte: Georg (auch Jörg), genannt "der Berliner" (da als Maschinenschlosser von 1933 bis in die 40iger Jahre hinein an der Wassertorstraße 33 in Berlin ansässig), Julia, Maria (*1897) und Max, der am 15.7.1903 geboren wurde und 1946 in Russland gefallen ist. Zu seinen Nachkommen gehört auch der am 1.10.1966 in Gliwice geborene und zuletzt in Mülheim ansässige Christian Manfred Ganczarski, der wegen seines islamistischen Hintergrunds weltweite Aufmerksamkeit erregt hat. Der Verfassungsschutzbericht 2003 nimmt unter dem Datum 030603 (Seite 38) offiziell auf ihn Bezug. Das Wochenmagazin "Stern" beschäftigte sich in der Titelgeschichte der Ausgabe Nr.32 v. 4.8.2005 ausführlich mit seiner Person und seinen Aktivitäten. Am 5.2.2009 befand ihn ein Pariser Strafgericht der Beihilfe an dem im April 2002 von einem Tunesier verübten Attentat auf die Ghriba-Synagoge in Djerba, bei dem 21 Menschen getötet worden waren, sowie der Mitgliedschaft in der von Osama Bin Laden geführten Terrororganisation Al-Quaida für schuldig und verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von 18 Jahren.

Der Vollständigkeit halber sei vermerkt, dass im Berliner Adressbuch von 1907 bis 1937 der Schlosser Franz Ganczarski, (NW 87,Hüttenstr. 5 ) eingetragen ist. Es spricht einiges dafür, dass er ebenfalls den Wenzel-Nachkommen zuzurechnen ist. Noch in den frühen vierziger Jahren finden sich unter der gleichen Adresse der Angestellte Paul Ganczarski und der Schneider Wilhelm Ganczarski.

Wenzel Conrad stirbt schon kurz nach der Geburt seines jüngsten Sohnes Walter im Jahre 1901 in Beuthen, die älteren Kinder sind Maria und Alfons.

Wilhem Franz heiratet, wie schon im Kapitel über die Lisseker Ganczarski erwähnt, am 7.2.1882 in Lissek die mit ihm im sechsten Grade blutsverwandte Maria, Tochter des Försters Johann Ganczarski. In Loslau betreibt er lange ein florierendes Geschäft für Baumaterialien. Ihre beiden Kinder sind Julia (*1890), verheiratet mit Emil Wieck, und Eduard, der mit Else Wazik verheiratet,. als Revisionsbeamter an der Kronprinzenstraße 36 in Kattowitz, später bis in die vierziger Jahre hinein als Justizangestellter in Ratibor ansässig war. Eduards Kinder sind Johannes (*1907), Wilhelm (*1909), Edith (*1912), Herbert (*1913) und Georg Rudolf (*1920). Johannes (Hans) starb am 17.9.1990 in der zu Neuhaus am Inn gehörenden Gemeinde Mittich.

Der Geistliche Rat Ganczarski

Das sicherlich renommierteste Mitglied der Loslauer Familie ist Maximilian Germann Valentin Ganczarski, Sohn des Ratiborer Aktuars Franz Ganczarsky. Es ist anzunehmen, dass Maximilian in den sechziger Jahren das Ratiborer Gymnasium absolviert und sich dann für die theologische Laufbahn entschieden hat. Am 14.7.1878 wird er in Prag zum katholischen Priester geweiht. Seine erste Stelle tritt er als Pfarrer in Falkowitz bei Oppeln an, wo wenige Monate zuvor ein neues Pfarrhaus errichtet worden war. In einem Falkowitzer Erinnerungsbuch heißt es: "Der damalige Pfarrer in Falkowitz hieß Maximilian Ganzarski. Er sorgte auch für eine schöne Ausstattung des Inneren des Pfarrhauses, verließ noch im selben Jahr die Pfarrgemeinde und ging nach Groß Strehlitz".

Die "dem Andenken an Geistlichen Rat Maximilian Ganczarski" gewidmete und 1924 erschienene Geschichte der Pfarrei Groß Strehlitz von A. Nowack setzt hier an und führt weiter aus:

"Am 7.September 1891 zog der neue Seelenhirt, der bisherige Pfarrer von Falkowitz, Maximilian Ganczarski, unter Freudengeläute der Glocken, von den städtischen Behörden und den Parochianen herzlich begrüßt, in Groß Strehlitz ein und wurde am folgenden Tag durch den Erzpriester (jetzigen päpstlichen Hausprälaten) Joseph Glowatzki in sein Amt eingeführt...
Das wichtigste Ereignis im äußeren Leben der Parochie unter Pfarrer Ganczarski ist die Erbauung der neuen Pfarrkirche. Das alte Gotteshaus genügte schon vor einem halben Jahrhundert nicht mehr den Ansprüchen der Pfarrgemeinde. Die Parochianen erstrebten von Anfang an einen Neubau. Die Regierung als Patron betrachtete aufgrund eines Gutachtens des Provinzialkonservaters die alte Kirche und namentlich den Turm als ein erhaltenswertes Denkmal und schlug einen Erweiterungsbau vor, den der Kirchenvorstand aber aus praktischen Gründen ablehnte."

Der Neubau wurde 1904 begonnen, drei Jahre später vollendet und am 3. Juni 1907 von Kardinal Kopp eingeweiht.

Nach dem Tode Kardinal Kopps fand im Juli 1914 die umstrittene Neuwahl für das Amt des Fürstbischofs von Breslau statt. Auch Ganczarski wurde als einer der zwanzig Kandidaten nominiert, schied jedoch schon nach dem ersten Wahlgang mit 12 anderen Kandidaten aus dem engeren Kreis aus. Gewählt wurde schließlich in Absprache mit König Wilhelm II und dem preußischen Kultusministerium der politisch unauffällige und deshalb der Staatsführung genehme Hildesheimer Bischof Adolf Bertram.

Aus Nowacks Pfarrgeschichte erfahren wir weiter:

"Der Ortspfarrer feierte 1903 sein silbernes Priesterjubiläum und 1816 das 25jährige Ortsjubiläum unter großer Anteilnahme der Gemeinde. Kurz vor dem letztgenannten Jubiläum hatte Fürstbischof Dr. Bertram den schon früher zum Erzpriester ad honorem ernannten und staaatlicherweise durch Ordensauszeichnung geehrten, hochverdienten Seelenhirten mit dem Titel eines ´Geistlichen Rates´ ausgezeichnet, in ´Anerkennung der jahrzehntelangen treuen und erfolgreichen priesterlichen und seelsorglichen Wirksamkeit und insbesondere der Verdienste um die kirchlichen, pfarrlichen und karitativen Interessen der Gemeinde Groß Strehlitz´. An Geistlichen Rat Ganczarski wird außer dem von ihm getätigten Bau der Pfarrkirche, des Pfarrhauses und der Pfarrförsterei das von ihm allein gegründete St. Maximilians-Waisenhaus stets erinnern. Er machte auch Stiftungen zur Speisung armer Leute im Krankenhause, zur Unterstützung zweier Gymnasiasten, zur Unterstützung katholischer Vereine in der Parochie, zur Bekleidung armer Erstkommunikanten (Kardinal-Kopp-Stiftung), zur Unterstützung der Feuerwehr und der Sanitätskolonne vom Roten Kreuz (Kaiser-Wilhelm-Stiftung)."

Weiter heißt es:"Die Stadt Strehlitz ernannte am 7. September 1921 den Geistlichen Rat Ganczarski anläßlich seines 30. Ortsjubiläums einstimmig zum Ehrenbürger ´in Anerkennung seiner Verdienste um das Gedeihen der Stadt, seiner zahlreichen Wohltätigkeitsstiftungen, seiner vorbildlichen männlichen Charakterfestigkeit und seiner trotz Anfeindungen und Gefahren nicht wankenden Vaterlandsliebe´."

Im Mai 1925 waren gerade eben die Feierlichkeiten der sogenannten Bischofstage zu Ende gegangen,

"...da versetzte ein schmerzliches Ereignis die ganze Gemeinde in tiefste Betrübnis. Sonnabend, den 23. Mai befiel, wie die ´Groß Strehlitzer Ztg.´ berichtet, den trotz seiner 72 Jahre noch verhältnismäßig rüstigen, wenn auch durch die Anstrengungen der letzten Tage etwas geschwächten Geistliche Rat am Abend im Hause des Landrats Grospietsch ein Unwohlsein. In seine Wohnung zurückgekehrt, erlitt er in der Nacht zum Sonntag einen schweren Schlaganfall, der ihn seiner Sprache beraubte. Der Kunst der Ärzte gelang es nicht, das teure Leben zu erhalten. Durch das Sakrament der heil. Ölung gestärkt, entschlief Geistl. Rat Ganczarski sanft Dienstag, den 26. Mai, nachts gegen 11 Uhr. Donnerstag, den 28 Mai, nach der abendlichen Maiandacht, wurde die sterbliche Hülle des Entschlafenen in die Pfarrkirche übertragen, wo die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr, des katholischen Männervereins und der beiden Marianischen Kongregationen abwechselnd während der Nacht die Ehrenwache hielten. Am 29. Mai fand unter großer Beteiligung seitens der Parochianen und von 35 Priestern die Beisetzung statt. Nach dem Totenofficium hielt Pfarrer Bilzer von Groß Stein die deutsche Leichenrede, worauf Prälat Glowatzki das feierliche Totenamt unter Assistenz der Ortskapläne Gambietz und Gliwa zelebrierte. Es folgte die von Pfarrer Böhm aus Dolna gehaltene polnische Trauerrede und das Libera. Dann wurde die entseelte Hülle des Verstorbenen unter dem Geläut der Glocken in die Hedwigskapelle geleitet und unter Gebet dem Schoße der Erde übergeben, Geistlicher Rat Ganczarski ruht seinem Wunsch gemäß in der von ihm unter vielen Sorgen und Opfern erbauten Pfarrkirche. Das Andenken an diesen charaktervollen, unbeugsam gerechten und sehr wohltätigen Seelenhirten, der 34 Jahre hindurch arbeitsfreudig in der Pfarrgemeinde Groß Strehlitz gewirkt hat, wird nicht erlöschen."

Noch heute ist im rechten Seitenschiff, nicht weit vom Eingang der Kirche die in den Boden eingelassene Grabplatte zu sehen, die folgende Inschrift trägt:

Hic requiescat in domino
aedituator huius ecclesiae
consiliarius archipresbyter hc
parochus
Maximilianus Ganczarski
*26.7.1853 +26.5.1925
RIP

An der Seitenwand über dem Grab befindet sich seit 1997 eine zum neunzigsten Jahrestag der Kircheneinweihung angebrachte Tafel mit einer weiteren Inschrift:

1907 - 1997
KS. Radcy
Maksymilianowi Ganczarskiemu
Budowniczemu Kosiola
pw. sw. Wawrzynca
w Strzelcach OP.
2 Okazji 90-Lecia Konsekracij
Wsplnora Parafialna

Die Ganczarski aus Lukow

Der Vater des Lisseker Freigutsbesitzers Joseph Ganczarski, der Bezirksförster Johann Ganczarski, hatte nach Mitteilung des Erzbischöflichen Archivs Kattowice seinen Wohnsitz in Lukow. Auch mein Altgroßvater, der Förster Joseph Ganczarski, erwähnt in seinen 1863 verfassten genealogischen Aufzeichnungen, dass sein Großvater Johann die letzten Jahre seines Lebens in Lukow ansässig war und auch dort gestorben sei. Im Kirchenbuch der zuständigen Gemeinde Pstronzna (später Fischgrund), das erst ab den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts verfilmt vorliegt, finden wir von ihm keine Spuren mehr.

Als älteste Namensträgerin Ganczarski nennt uns das Kirchenbuch die Ehefrau des Müllers Schulzik, nämlich Anna, geborene Ganczarski, die am 26.8.1857 im Alter von 74 Jahren stirbt, mithin 1783 geboren sein muss und durchaus eine Tochter Johanns gewesen sein könnte.

Am 30.12.1860 stirbt in Lukow der Ackerhäusler Johann Ganczarski 65jährig an einer "Unterleibskrankheit", sein Geburtsjahr ist somit auf 1795 anzusetzen, auch er könnte noch ein Sohn Johanns sein. Als Ehefrau nennt das Kirchenbuch die Marianne Ganczorz und zählt die Namen und Lebensjahre der hinterlassenen Kinder auf: Joseph 40 J., Franz 38, Johann 30, Francisca 28, Marie 26, Ignatz 24 und Johanna. Ein weiteres Kind, der 1842 geborene Carl, war schon am 5.8.1857 in Lukow gestorben.

Das Kirchenbuch verzeichnet nur die Heiraten von vier der genannten Kinder und diesen Ehen entstammende Kinder:

Joseph (*1823) heiratet am 27.1.1842 die Antonie Swienty, Tochter des verstorbenen Johann Swienty (Trauzeugen: August Korbitza, Franz Ganczorz).
Kinder sind:

Johann, *Lukow 15.3.1849 (Taufpaten: Johann Lyczko, Magdalena Kolorz), † Lukow 7.11.1851
Franz, *Lukow, 2.12.1851 (Taufpaten: Johann Lizko, Magdalena Ganczorz)

Francisca (*1833) heiratet am 11.9.1859 den Anton Kaschta (Trauzeugen: Franz Ganczorz, Franz Pawlaczek). Aus dem Kirchenbuch des Nachbarortes Lissek erfahren wir, dass Kaschta Häusler in Neudorf ist. Es verzeichnet für den 29.9.1863 den Tod des zwei Jahre alten Sohnes Robert.

Ignatz (*1837) heiratet die Francisca Knura, Witwe des Hyazint Swienty (Trauzeugen: Franz Ganczarski, Josef Hohae).
Kinder sind:

Margaretha, *Lukow 12.7.1865 (Taufpaten: Johann Tomiczek, Anna Ganczorz)
Eva, *Lukow 24.6.1867 (Taufpaten: Franz Ganczorz, ... Tomiczek
Johanna, *Lukow 29.8.1869 (Taufpaten: Johann Tomiczek, Johanna Ganczorz)
Paulina, † Lukow 1.11.1868

Johanna (auch Susanna genannt), (*1841) heiratet am 18.8.1863 den Jacob Prozek (Trauzeugen: Bernhard Opolony, Franz Ganczorz).

Mehr geben die verfilmt vorliegenden Kirchenbücher nicht her, weitere Quellen waren mir bisher nicht zugänglich. Im Verlauf einer Reise in den ehemaligen Kreis Rybnik im August 1998 machte ich die Bekanntschaft des Lukower Metzgermeisters Stephan Ganczarski, der bestätigte, dass auch heute noch weitere Ganczarski-Namensträger in Lukow ansässig sind.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass ich auf dem auch für Lukow zuständigen Friedhof des Nachbarorts Czerniza folgende Grabinschriften notieren konnte:

MARTA GANCZARSKI
* 7.3.1900
†9.12.1973

GANCZARSKI JOSEF
1907 - 1972
JADWIGA ELZBIETA
1912-1964 1914-1978

GANCZARSKI
ALOYSY GERTRUD
*12.11.1909 *19.12.1913
†25.5.1982 +9.9.1980

GANCZARSKI ROMAN
*6.8.1935 +9.12.1995

RUDOLF GANCZARSKI
*3.10.1939
†24.11.1968

DANIELA GANCZARSKI
*25.11.1961
†3.12.1961

Auf dem Friedhof von Pstrazna notierte ich folgende Inschriften:

KAROL GANCZARSKI
*13.4.1902
†7.7.1985

GERTRUDA GANCZARSKI
*10.4.1902
†4.10.1946

Karol Ganczarski gehörte zu den Zehntausenden nationalpolnisch gesinnter Oberschlesier, die nach dem ersten Weltkrieg in unmittelbarem Gefolge des Versailler Vertrags von 1919 eine Chance sahen, wichtige Teile Oberschlesiens in den polnischen Staat zu integrieren. Als bewaffneter Rebell war er aktiv an den Kampfhandlungen beteiligt, die als "Polnische Aufstände" der Jahre 1919, 1920 und 1921 in die schlesische Geschichte eingingen. Obwohl sie von preussischen Freikorps niedergeschlagen wurden, gaben die gewaltsamen Erhebungen doch einen deutlichen Impuls hin zur vom Völkerbund empfohlenen Abtretung Ostoberschlesien an Polen im Jahre 1921.

 

 

Die galizischen Ganczarski

Unter den im Telofonbuch zu findenden Ganczarski-Namensträgern in Deutschland befinden sich einige, die erst vor wenigen Jahren aus Polen übergesiedelt sind. Interessanterweise ist ihnen allen bewusst, dass ihre Vorfahren aus dem ehemaligen Galizien stammen. Obwohl die verschiedenen Familien untereinander keinen Kontakt haben und zum Teil auch nicht von gegenseitiger Verwandtschaft wissen, nennen sie übereinstimmend das Dorf Trembowla bei Tarnopol und seine Umgebung als Herkunftsgebiet ihrer Vorfahren, die teilweise noch gegen Anfang des 20. Jahrhunderts dort geboren sind. So soll beispielsweise der 1895 in Trembowla geborene Michal Ganczarski, der mit einer weiteren Ganczarski-Familie aus Sady in weitläufigem Verwandtschaftsverhältnis stand, im ersten Weltkrieg als Soldat in der österreichischen Armee gedient haben.

In der Tat geben die wenigen vorhandenen Kirchenbücher von Trembowla für die Zeit zwischen 1792 und 1836 vereinzelte Hinweise auf Personen mit dem Namen Ganczarski. So wird 1792 Blasius Ganczarski als Taufpate erwähnt. Am 12. März 1796 wird ein Sohn des Franciscus Ganczarski und seiner Frau Sophie geboren, der den Vornamen Gregorius erhält. Insgesamt sechsmal wird zwischen 1794 und 1811 die Geburt eines Kindes von Simon Kitayczuk und seiner Frau Anna Ganczarski verzeichnet.

Noch während des zweiten Weltkriegs gab es Namensträger in der Umgebung von Trembowla. In einem 1992 erschienen Erlebnisbericht schildert die von den Nazis verfolgte Dr. Natalia Weisselberg von der Unterstützung, die Jan Ganczarski aus Sady ihr und ihrer Tochters zuteil werden ließ:

"On June 5, 1943 we had to flee [from the hospital in Trembowla], past the Ukrainian guards and barking of dogs, and in enormous fear we hurried to Sady, arriving at the home of the Ganczarski family where we remained until March 1944, when the Russians entered. Near the end of our stay, still under the German occupation, Jan Ganczarski wanted to assure himself that he was doing the right thing by sheltering Jews and thereby exposing his entire family to death. [A Polish pharmacist’s family living nearby had just been executed by the Germans.] He therefore went to confession. His confessor, Rev. Waclaw Szetelnicki, presently residing in Wroclaw, praised him for his actions, encouraged him to keep sheltering us and forbade him to surrender us to the Nazis. In March 1944, Mr. Ganczarski saw us off, giving us his blessing on our road to freedom."

Neben Tarnopol und Trembowla ist auch das Dorf Wojutycze im Verwaltungsbezirk Sambor ein weiterer Herkunftsort von Ganczarski-Familien aus dem ehemaligen Galizien, die nach dem zweiten Weltkrieg in Schlesien und Pommern angesiedelt wurden, so der 1912 in Wojutyce geborene Jan Ganczarski, der 1945 mit seiner Familie in Rowne, dem vormaligen Roben im Kreis Leobschütz, eine neue Heimat fand. Seine Nachkommen leben heute in Polen, Deutschland und Kanada. Ähnlich wie bei den schlesischen Ganczarski wurde interessanterweise auch in dieser Familie eine Legende von der Adelserhebung eines Vorfahren über Generationen hinweg überliefert, wie sie der in Kanada lebende Enkel Dr. Joe Ganczarski auf seiner Website www.ganczarski.com notiert hat.

Schon ein halbes Jahrhundert zuvor hatten die Wojutyczer Ganczarski eine Auswanderungsbewegung von Familienmitgliedern erlebt. Drei Brüder von Jan Ganczarskis Vater, der ebenfalls den Vornamen Jan trug, waren um die Wende zum 20. Jahrhundert in die Vereinigten Staaten emigriert, wo sich ihre Spur dann verlor. Als Hinweis auf den Verbleib von zweien der Brüder können vielleicht Daten angesehen werden, die bei der Volkszählung 1920 für den im Staat Pennsylvanien gelegenen Ort Mayfield Borough im Verwaltungsbezirk Lackawanna, wo sich die größte Lagerstätte der Welt für Anthrazitkohle befindet, erhoben wurden. Danach sind im Januar 1920 der 37 Jahre alte George Ganczarski und seine 36jährige Frau Anna zusammen mit ihren sechs in Pennsylvanien geborenen Kindern Maggie (17), Mary (15), Julia (13), Anna (11), Josephine (9), William (7), Peter (5), Petreanilla (3) und Michael (1) an der Delaware Street 19B wohnhaft. George´s Beruf wird als "Miner" einer "Coal Mine" angegeben, die beiden ältesten Töchter arbeiten als "Winder" in der "Silk Mill". Erfasst wurden auch Daten der an der May Street 17A ansässigen Familie des John Ganczarski (36 Jahre) und seiner Frau Sophia (30). Die ebenfalls sämtlich in Pennsylvanien geborenen Kinder sind Stella (11), Chester (9), Joseph (6), Stanley (4), Walter (2) und John (10 Monate). Der Beruf des Familienvaters wird auch hier mit "Laborer" der "Coal Mine" angegeben. Als Geburtsort beider Elternpaare ist in den Zensusunterlagen ausdrücklich "Galicia" vermerkt.

Im Jahre 2001 erhielt ich von dem amerikanischen Spezialisten für polnische Familiennamen William F. Hoffmann den Hinweis "dass Akten vom 15. Jahrhundert erwaehnen: "Garnczarski ... super nobilem Stanislaum Garnczarski ... nobili Stanislao Garnczarski, heredi de Gluchouicze" (1483) und "Nobilis Martinus Garnczarsky" (1498)". In Bezug auf die Schreibweise des Namens mit "r" weist Hoffmann ausdrücklich daraufhin, dass gerade polnische Namen ständiger Veränderung ihrer Schreibweise ausgesetzt waren.

In der Tat existiert noch heute, ganz in der Nähe der Stadt Lwow, der Ort Glukhovitse (auf den Koordinaten 49,46 N 24,15 E). Überraschenderweise findet sich in seiner Nachbarschaft, nur wenige Kilometer entfernt, das Dorf Ganczary bzw. Gan'chary (49,46 N 24,10 E) in der internationalen Umschrift der heutigen ukrainischen Schreibweise. Mit ein wenig Fantasie kann man sich vorstellen, dass ein "Nobilis", also ein adliger Großgrundbesitzer aus Ganczary, in der Öffentlichkeit und im Rechtsverkehr mit dem Familiennamen "Ganczarski" in Erscheinung getreten ist, was einem deutschen "von Ganczary" entsprechen würde. Vielleicht liegt hier die Erklärung der bei vielen Ganczarski-Nachkommen seit Generationen in ungezählten Varianten kursierenden Familienlegende von altem Adel der Vorfahren. Gezielte Nachforschungen in den zuständigen ukrainischen Archiven könnten hier möglicherweise zu mehr Gewissheit führen.

Literatur-Nachweise

Ludwig Glatzel, Chronik der Familie Glatzel (Kasimir-Malapane), Berlin 1919

Rudolph Müntzberg, Geschichtlicher Abriß über die Polednik´sche Stiftung in Lissek (Kreis Rybnik), Ratibor 1898

Ludwik Musiol, Lyski, Monografia historyczna gminy i parafii, Katowice 1998

Neues Statut der Polednik´schen Stiftung in Lissek, Breslau 1916

A. Nowack, Das Eichendorffsche Jagdschlößchen Summin - Oberschlesische Heimat, Zeitschrift des oberschlesischen Geschichtsvereins, 13, 1917

A. Nowack, Geschichte der Pfarrei Groß Strehlitz OS, 1826-1920, Groß Strehlitz 1926

Satzung der Polednik´schen Stiftung Lissek, Ratibor 1942

Statistische Nachrichten über den Rybniker Kreis, die Jahre 1862-1864 umfassend, Rybnik 1866

Andreas Stützer, Beck aus Belk, Kreis Rybnik/Ost-Oberschlesien - Archiv ostdeutscher Familienforscher 14 (5/6), 131-132, 1998

Felix Triest, Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Breslau 1864-1865

Urkunde der Polednik´schen Stiftung zu Lissek Kreis Rybnik, Glogau 1906